Landesjugendring Hamburg e.V.
Heft 2-2005, Rubrik Titelthema

Kinder | Armut | Überfluß

Armut ist die Geißel der Menschheit in der ökonomisch globalisierten Welt. Der Skandal, daß es vielen am Allernotwendigsten fehlt, während das globale Bruttosozialprodukt steigt und steigt (in den letzten 50 Jahren um den Faktor neun), ist bekannt und rührt kaum noch auf. Die Weltbank beziffert die Zahl jener Menschen, die in absoluter, existentieller Armut leben (weniger als einen Dollar – in lokaler Kaufkraft – Auskommen pro Tag) auf über eine Millarde. Dies sind ca. 20 % der Weltbevölkerung. Zieht man die Armutsgrenze bei zwei US-Dollar pro Tag, gelten insgesamt 2,7 Milliarden Menschen und damit fast die Hälfte der Weltbevölkerung als arm.

Aber Armut muß nicht sein. Nicht in den Ländern der sogenannten Dritten und Vierten Welt, in denen immer wieder Hunger grassiert, verschmutztes Trinkwasser, mangelnde ärztliche Versorgung und fehlende Reproduktionsmöglichkeiten gerade den Schwächsten ein unermeßliches Elend bereiten. Und ebenso wenig bräuchte es – wenngleich in anderem Maße – Kinderarmut in den führenden Industrieländern geben.
Daß eine warenproduzierende Ökonomie einerseits Überfluß und Überproduktion erzielt, während andererseits niedrigste Grundbedürfnisse der halben Weltbevölkerung nicht angemessen zu befriedigen sind, ist das Perfide einer Marktlogik, die Nachfrage nur von zahlungsfähigen Kunden erfüllen kann. Arme können nicht zahlen, was der Markt verlangt für das, was sie brauchen. Ihr Anspruch, das Nötigste abzubekommen, verspricht das Menschenrecht und erscheint doch utopisch angesichts der wachsenden Zahl derer, die die Weltökonomie von Arbeit und Teilhabe am Markt ausschließt. Gleichwohl ist diese gröbste aller Utopien, daß keiner mehr darben müßte, potentiell realisierbar. Dies belegen allein schon Produktionsziffern und daraus resultierende Möglichkeiten. Was jedoch fehlt, ist, den eklatanten Widerspruch von Armuts- und Reichtumsproduktion zugleich ins politische Denken zurückzuholen.

punktum thematisiert einen Aspekt, der im – gemessen an Produktion und Vermögensanhäufung – reichen Deutschland die dunkle Schattenseite bildet: die Kinderarmut. Ihr Ausmaß steigt. Christoph Butterwegge analysiert die Ursachen und weist auf Veränderungsmöglichkeiten hin. Das Jugendkrotkreuz schärft mit einer Kampagne den Blick (S. 9) – ebenso wie die Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in Hamburg (S. 10), die zudem Beratung für Menschen in Not bietet. (jg)