Landesjugendring Hamburg e.V.
Heft 2-2010, Rubrik Nachrichten

"Ach so! Ja, dann gehen wir jetzt da mal hin"

Die Evangelische Jugend Hamburg (EJH) hat sich am 24. April an dem großen Protest gegen Atomkraftwerke in Deutschland beteiligt. Wie kam es dazu?

Die EJH ist als Jugendverband der evangelischen Kirche in der Öffentlichkeit nicht gerade als ausgesprochen politisch bekannt. Jugendarbeit läuft überwiegend in den Gemeinden vor Ort. Ein gemeinsames politisches Bewusstsein ist nicht sehr ausgeprägt, was erst einmal nichts über die Aktivitäten und Bildungsangebote vor Ort oder das politische Bewusstsein der Jugendlichen aussagt.

Die EJH ist gemeinsam mit den Mitarbeiter/-innen der Kirchenkreise Ansprechpartner und Teil des Netzwerkes der evangelischen Jugendarbeit in Hamburg (siehe hhej.de). Über dieses Netz erreichte uns eine Mail von Miriam aus der Epiphaniengemeinde, die die EJH um Unterstützung für die Aktivitäten von Jugendlichen aus Winterhude bat. Es ging um Workshops für die Anti-AKW-Kette und um die Bitte, einen Aufruf an die Jugendlichen in den Gemeinden weiter zu leiten. Diese Mail wurde Anfang März im Vorstand verlesen. Nach kurzer Debatte war klar: Wir finden das nicht nur irgendwie wichtig, sondern wollen auch selbst Stellung beziehen. Also wurde im Namen des Vorstands die Info weiter gegeben – mit dem Aufruf an alle, sich doch einzureihen.

Damit bekam das Anliegen von wenigen Aktiven deutlich mehr Gewicht. Dieses Schreiben wurde von Jugendlichen und auch von Kirchenvorständen aufgegriffen. Es gab Beschlüsse von Kirchengemeinden, sich dieser Aktion anzuschließen. Jugendliche organisierten sich an verschiedenen Stellen selbst und gingen »in die Kette«. Der EJH-Vorstand, der an diesem Wochenende eine Tagung hatte, beschloss diese zu verkürzen, um sich selbst in der Hamburger Innenstadt einzureihen. Miriam koordinierte hier – in Kooperation mit der Naturschutzjugend – einen Streckenabschnitt.

Die »KettenreAktion« am 24. April wurde zum Erfolg: »Größte Anti-AKW-Demo Deutschlands« titelte eine Zeitung. Dies lag mit Sicherheit nicht allein an der EJH. Denn das ausgesprochen breite Bündnis unterschiedlicher Organisationen hätte die 120 km lange Demo zwischen dem AKW Brunsbüttel über Hamburg zum AKW Krümmel auch ohne uns zustande gebracht.

Aber wir waren sichtbar dabei. An diesem Beispiel wird deutlich, wie wichtig aktive Einzelne für einen Jugendverband sind. Und es zeigt, was möglich ist, wenn die Leute von der Basis den Verband klar und mit einer gewissen Hartnäckigkeit auf Aktionen wie diese aufmerksam machen und die Strukturen nutzen.
Politisches Bewusstsein wird sicherlich durch gute Seminarangebote und internationale Jugendbegegnungen gefördert. Jugendverbände wie die EJH bieten Jugendlichen eine große Vielfalt an Möglichkeiten an. Aber mehr Power haben die Jugendlichen selbst. Ihre Ideen und Meinungen sind wichtig. Die Unterstützung ihrer Aktivitäten muss Priorität haben und ihr Engagement gefördert werden.

Siegmar Grapentin, Evangelische Jugend Hamburg