Landesjugendring Hamburg e.V.
Heft 4-2010, Rubrik Nachrichten

Richtungsweisende Entscheidungen

Bericht von der Vollversammlung des Landesjugendringes Hamburg vom 18. November 2010

Die Agenda war voll gepackt: Neben dem Bericht des Vorstandes, der Beratung des Haushaltsplanentwurfes 2011, der Vorstellung der Evaluation der Alternativen Stadtrundfahrten und der Nachwahl für den LJR-Vorstand (Wahl von Ronja Kieslich; s. S. 2) standen mehrere Anträge im Fokus der Debatte.

Beim Thema Freiwilligendienste stimmte die Vollversammlung für den Antrag des Vorstandes, der eine aktuelle Debatte in der Hamburgischen Bürgerschaft aufgriff. Folgende Forderungen werden somit an die Politik gerichtet:
– Eine in Hamburg einheitliche Förderung der klassischen Jugendfreiwilligendienste (FSJ/ FÖJ) durch die Hansestadt Hamburg;
– der Aus- und Aufbau dieser Dienste, insbesondere durch die Schaffung der Freiwilligen Sozialen Jahre »Politik« und »Jugendarbeit/Bildung«, sowie
– eine kritische Haltung zum Vorhaben der Bundesregierung, einen Bundesfreiwilligendienst einzuführen.

Ziel der Freiwilligendienste ist es, die Bildungs- und Engagementfähigkeit von Jugendlichen zu fördern. Jedoch übersteigt seit Jahren die Nachfrage junger Menschen das vorhandene Angebot an Einsatzstellen. Daher machen sich die Jugendverbände dafür stark, das Angebot insbesondere durch einen neuen Einsatzbereich »Jugendarbeit/Bildung« resp. »Politik« zu erweitern. Jugendverbände sind als Orte nonformalen und informellen Lernens dafür prädestiniert. Zudem könnte so die bislang geringe Zahl an Einsatzstellen im Bereich der Jugendverbandsarbeit ausgebaut werden.

Kontrovers wurde das Thema der Bildungspakete im Rahmen der Neuberechnung der Hartz-IV-Sätze auf Basis eines gemeinsamen Antrags des Jugendwerks der AWO und der SJD – Die Falken debattiert. Zum Hintergrund: Auf Vorschlag der Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Ursula von der Leyen, soll die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen aus Hartz-IV-Familien an Sport-, Kultur- und Musikangeboten direkt gefördert werden. Damit diese Leistung auch bei den Betroffenen ankomme, sollen zukünftig Bildungsgutscheine (resp. ein »Bildungschip«) an junge Menschen anstelle pauschaler Zuwendungen an deren Eltern ausgegeben werden. Ist jedoch eine solche Lösung praktikabel? Werden Kinder und Jugendliche aus Hartz-IV-Familien durch die »Bildungsgutscheine« als Bezahlsystem gegenüber bar zahlenden Altersgenossen stigmatisiert? Sollte man die vorgeschlagenen Hartz-IV-Regelungen generell ablehnen? Die Anhebung der Regelsätze fordern? Die Vollversammlung konnte sich auf keine einhellige Position festlegen – auch aufgrund vieler offener Fragen im noch laufenden Gesetzgebungsverfahren. Denn nach der Ablehnung des Gesetzesvorschlags durch den Bundesrat ist aktuell der Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag mit der Sache befasst.

Im Dezember hat der Landesjugendring an die Debatte der Vollversammlung anschließend eine Informationsveranstaltung – zusammen mit team.arbeit.hamburg und der BSG – zur Problematik der Bildungspakete abgehalten, um die Praktikabilität der »Bildungsgutscheine« für Jugendverbände weiter zu erörtern. Folgende zentrale Kritikpunkte wurden herausgearbeitet, mit denen sich der LJR-Vorstand an Bürgermeister Ahlhaus und den Zweiten Bürgermeister Wersich zur Einflussnahme im Vermittlungsausschuss gewendet hat:
– Keine Stigmatisierung durch ein Gutscheinsystem
– Der Leistungskatalog im Rahmen der Bildungspakete muss Bezug nehmen auf die gesetzlich beschriebene Förderung der Jugendverbände, damit Inhaber von Bildungsgutscheinen an allen Angeboten der Jugendverbände teilnehmen können. (Herstellung einer Analogie zur Regelung der §§ 11 und 12 SGB VIII)
– Problem Bürokratie: Die Abwicklung eines Bezahlsystems über Bildungsgutscheine stellt insbesondere rein ehrenamtlich organisierte Jugendverbände vor schwer lösbare Probleme. Es fehlen oftmals die strukturellen Voraussetzungen (Büro, Bankkonto), um ein unbares Gutscheinsystem anwenden zu können.
Inwieweit diese Forderungen Eingang in die Beratungen des Vermittlungsausschusses gefunden haben, ist offen, da dessen Sitzung am 19. Januar nach Redaktionsschluss lag.

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Des weiteren hat die Vollversammlung einen Arbeitskreis zum Thema Fortbildungen eingesetzt. Dieser soll Lösungen zu den Aspekten Bedarfsermittlung, wechselseitige Anerkennung von Fortbildungen und gemeinsamer Bewerbung von Angeboten erarbeiten. Der Vorstand berichtete schließlich noch über den Fortgang der Verhandlungen über eine Rahmenvereinbarung zur Zusammenarbeit von Ganztagsschulen mit Partnern aus dem Bereichen Kultur und Jugendhilfe. Die Rahmenvereinbarung hat der Landesjugendring inzwischen unterschrieben und kann unter www.ljr-hh.de eingesehen werden. (jg)