Landesjugendring Hamburg e.V.
Heft 2-2021, Rubrik Vielfältige Jugendarbeit

Hinaus in den Sommer

Serie Wirkungsstätten: Vorbereitung von Ferienfreizeiten beim Bund der Deutschen Katholischen Jugend in Hamburg

Von Oliver Trier, Hamburg

Unter dem Dach des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) arbeiten in Hamburg acht Jugendverbände zusammen. Der Dachverband sieht sich vor allem als Sprachrohr und Interessenvertretung der katholischen Jugendverbände und befasst sich kurz vor den Sommerferien vor allem mit der Frage, wie Ferienfreizeiten unter Pandemiebedingungen ermöglicht werden können.

»Mit der Hoffnung, dass dieser Sommer entspannter werden könnte als der letzte, lagen wir offensichtlich falsch«, meint Patrick Kirsch, als er das Meeting mit seiner Kollegin Joana Düvel beendet und den Laptop zusammenklappt. Es ist schon ein wenig später geworden und die letzten Sonnenstrahlen färben den Himmel über dem Hamburger Hauptbahnhof rot. Dementsprechend ist das Büro in der Langen Reihe inzwischen nicht nur wegen der Homeoffice-Situation so leergefegt. Gemeinsam bilden Patrick und Joana den Vorstand des BDKJ im Erzbistum Hamburg. Während der Sitzung befassten sie sich vor allem mit der Frage, wie sie die eigenen Mitgliedsverbände dabei unterstützen könnten, während der Sommerferien Freizeiten anzubieten. »So wichtig wie dieses Jahr waren Ferienfreizeiten noch nie«, meint Patrick. »Deswegen wollen wir auch alles dafür tun, dass die Gruppen vor Ort, sich auf das Wagnis Sommerfreizeit einlassen können.«


Stammsitz des BDKJ in der Langen Reihe

»Momentan sind wir guter Dinge, dass es trotz der Umstände und Unwägbarkeiten einige Freizeiten geben wird«, freut sich Patricks Kollegin Joana. »Von den Verbänden, die normalerweise Ferienfahrten durchführen, planen viele Gruppen entweder richtige Freizeiten oder Maßnahmen vor Ort.« Dazu gehören Pfadfinder/innen-Stämme der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG), ein Pfarrverband der Katholischen jungen Gemeinde (KjG), sämtliche Stufen der Katholischen Studierenden Jugend (KSJ) und ein dezentrales Angebot der Malteser Jugend. »Unsere übrigen Mitgliedsverbände, die Christliche Arbeiterjugend (CAJ), die Kolpingjugend, die Unitas Tuisconia oder die Deutsche Jugendkraft Sportjugend (DJK) konzentrieren sich mit ihren Angeboten in der Regel auf die ferienfreie Zeit«, erzählt Patrick.

Einheit in Vielfalt. Angesichts der unterschiedlichen Profile der Jugendverbände sei es für den konfessionellen Dachverband besonders wichtig, für eine Vernetzung zwischen den Verbänden zu sorgen. »Unsere Jugendverbände sitzen an Gemeinden, an Schulen oder an der Universität und richten sich entweder an einzelne Altersstufen oder an alle«, sagt Joana. »Da hilft es dem gegenseitigen Verständnis, im konstruktiven Miteinander ein Gefühl für die unterschiedlichen Bedarfe und Umstände zu entwickeln.« Gleichzeitig wolle der Dachverband nicht mit eigenen Veranstaltungen in Konkurrenz zu seinen Jugendverbänden treten. Deswegen konzentriere sich die praktische Arbeit maßgeblich auf Gremien und Konferenzen. »Eigene Formate bieten wir vor allem in Kooperation mit den Jugendverbänden an«, erklärt Patrick. »Ansonsten werden wir aktiv, wenn die Jugendverbände es so wünschen oder womöglich nicht können. In erster Linie sehen wir uns jedoch als Sprachrohr unserer Jugendverbände und versuchen daher, als Ort der gemeinsamen Meinungsbildung zu dienen.«

Über Grenzen hinweg. Der BDKJ versuche als Bindeglied zwischen Bundesverband, Landesjugendringen und den Mitgliedsverbänden zu fungieren, sagt Joana. »Wir vertreten die Interessen unserer Mitglieder nach oben, während wir Informationen an die Basis vermitteln.« Außerdem sei man regelmäßig im Kontakt mit den zuständigen Behörden und dem eigenen Erzbistum. Dem Erzbistum entsprechend ist der BDKJ als Diözesanverband organisiert, der die Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein sowie die Region Mecklenburg umfasst. Gleichzeitig gibt es auf Landesebene jeweils eine Landesarbeitsgemeinschaft der vor Ort aktiven Jugendverbände, um für die Bundesländer passende Ansprechpartner zu bieten. »Es ist ein wenig verrückt, dass wir hier in der sogenannten Diaspora, also als religiöse Minderheit, eine so ausgeprägte Struktur haben«, meint Joana kopfschüttelnd. »Denn in überwiegend katholisch geprägten Regionen arbeiten in der Regel mehrere BDKJ-Diözesanverbände in einer Landesarbeitsgemeinschaft zusammen. Wir dagegen haben gleich zwei Arbeitsgemeinschaften.« Das müsse man erst einmal alles unter einen Hut bringen, vor allem personell.

Auch an dieser Stelle mache sich die Doppelbelastung durch Corona bemerkbar, erklärt Patrick. Während im Februar ein Kollege aus dem Vorstand ausgeschieden sei, ohne dass ein Nachfolger gewählt werden konnte, gelte es auch abseits der Pandemie die anfallende Arbeit zu bewältigen. »Gern würden wir einen Schwerpunkt auf Mitbestimmung und Partizipation legen«, erzählt Patrick. »Doch wir finden kaum Gelegenheit dazu. Corona schiebt sich einfach immer wieder in den Vordergrund. So mussten wir zum Jahreswechsel vor allem schauen, wie die beteiligten Gruppen der Aktion Dreikönigssingen trotz Kontaktbeschränkungen Spendengelder für Kinder in der Welt sammeln sollten.« Umso mehr freue er sich auf die U18-Bundestagswahl im September. »Noch lieber wäre es uns natürlich, wenn jüngere Menschen bei der eigentlichen Bundestagswahl abstimmen könnten. Aber als Landeskoordination der bundesweiten Wahlaktion ermöglichen wir jungen Menschen in Hamburg zu zeigen, dass sie sich sehr wohl verantwortlich und reflektiert mit Politik auseinandersetzen.«

Katholisch, politisch, aktiv. Für die katholischen Jugendverbände sei es wichtig, jungen Menschen Raum zu geben, sich zu entfalten und Selbstwirksamkeit zu erfahren. »Deswegen setzen wir uns für eine offene und bunte Gesellschaft ein«, betont Joana. »Deswegen ist es uns allerdings auch ein großes Anliegen, Kinder und Jugendliche vor sexualisierter Gewalt zu schützen.« Gerade katholische Jugendverbände trügen angesichts der massiven Missbrauchsfälle durch Geistliche eine große Verantwortung für umfassende Prävention. »Was die Sensibilisierung und Schulung von Engagierten in Fragen der Prävention angeht, sind wir schon auf einem guten Wege«, meint auch ihr Kollege. »Im Juni erscheint beispielsweise eine neue Auflage unserer Broschüre »Kinder schützen«, mit der wir alle Gruppenleiter/innen ausstatten wollen.« Ganz anders sehe es jedoch im Bereich der Aufarbeitung aus. »Hier muss noch viel geschehen, und so wird dieser Prozess im Erzbistum leider noch einige Jahre andauern.« Mit Spannung verfolgten die Jugendverbände auch, ob der im März von Erzbischof Heße angebotene Rücktritt von Rom angenommen werde. Ein Gutachten über den Umgang der Kirchenführung im Erzbistum Köln mit Verdachtsfällen sexualisierter Gewalt hatte Heße zuvor schwere Fehlvergehen in seiner Zeit als Kölner Personalchef und Generalvikar vorgeworfen. Deswegen sei das Angebot des Erzbischofs notwendig gewesen, bedauern die beiden Vorsitzenden. Von der Entscheidung aus Rom wiederum hänge ab, ob bzw. wie es im Hamburger Erzbistum weitergehen könne – was sich unmittelbar auch auf die katholischen Jugendverbände auswirken würde.

Corona-Ferien. »Gern wären wir im Frühjahr oder Sommer wieder zum Alltagsprogramm zurückgekehrt«, gesteht Joana seufzend. Doch mit der einsetzenden dritten Welle hätten sich im Frühjahr die Hoffnungen auf eine entspannte Ferienplanung zunichte gemacht. »Wenigstens können wir auf die Erfahrungen aus dem letzten Jahr zurückgreifen. Die Prüfbausteine oder die Arbeitshilfen für Ferienfreizeiten unter Corona-Bedingungen, die unsere Verbandsreferenten/innen vor einem Jahr erstellt haben, haben leider nichts an ihrer Aktualität verloren. Außerdem helfen wir mit Vorlagen für Hygienekonzepten aus und sind im Kontakt mit dem Landesjugendring und der Sozialbehörde. Doch das ändert nichts daran, dass wir den Gruppen gerade mit dem, was sie am meisten benötigen würden, nicht dienen können : Klarheit über die Regelungen vor Ort.« Den Jugendverbänden bliebe so nichts anderes übrig, als ins Blaue hinein zu planen und diese Unsicherheit auszuhalten. Schließlich entscheide sich mitunter erst kurz vor der geplanten Abreise, ob eine Freizeit wirklich möglich sei. »Das erschwert unseren Ehrenamtlichen die Arbeit enorm. Dabei müssen sie angesichts der Verantwortung, die sie mit der Leitung einer Freizeit auf sich nehmen, sowieso mit einer massiven Belastung umgehen.«

Eine Einschätzung, die Sandra Plambeck nur bestätigen kann. Die DPSG’lerin ist Stammesvorsitzende in Hamm und plant mit ihrer Leiterrunde ein Lager für den gesamten Stamm. Anfang Juni wollen sie entscheiden, ob eine Freizeit in dieser Form machbar ist oder die einzelnen Gruppen besser nach Stufen getrennt fahren sollten. »Gerade bei der Planung profitieren wir sehr von unseren Netzwerken. Die Hilfestellungen vom Bundesverband, unserem Diözesanverband und dem BDKJ sind wirklich wertvoll«, meint die Pfadfinderin. »Vor allem das Hygienekonzept war äußerst hilfreich. Trotzdem bleibt die Angst, dass sich auf unserer Freizeit jemand anstecken könnte.« Eine Befürchtung, die sich durch rationale Argumente kaum entkräften lasse. »Vor Ansteckungen ist man auf einem Sommerlager nie geschützt und wer sich in Pandemiezeiten bei einer Ferienfreizeit anmeldet, kennt die Risiken. Dennoch muss ich diese Verantwortung am Ende mit mir selber ausmachen.«

»Es ist schwer, der Pandemie einen Schritt voraus sein zu wollen«, findet Patrick. »Zumal es nicht nur ein Gespür für die Entwicklung der Infektionszahlen sondern vor allem für die Pläne der Behörden braucht. In Hamburg nehmen wir jedoch durchaus wahr, dass sie Sozialbehörde die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen im Blick hat.« So sei es sehr wertvoll gewesen, auch in den Zeiten scharfer Kontaktbeschränkungen Kinder- und Jugendarbeit zu ermöglichen. »Auch wenn die meisten Gruppen auf digitale Angebote umgestellt haben, war es wichtig, diese Möglichkeit zu haben. Vor allem für junge Menschen, deren vier Wände kein Rückzugsort sind.« Sehr hilfreich sei nach Ansicht der beiden Vorsitzenden auch das Angebot der Sozialbehörde gewesen, Masken und Schnelltests kostenfrei zur Verfügung zu stellen. »Am meisten Zuspruch dürfte jedoch die Entscheidung erhalten haben, jenen Ehrenamtlichen eine Schutzimpfung zu ermöglichen, die im Sommer eine Freizeit begleiten wollen«, vermutet Joana.

So spielen vollständig geimpfte Gruppenleiter/innen eine wesentliche Rolle im Hygienekonzept der KSJ. Wie letztes Jahr plant der Schüler/innenverband auch diesen Sommer für jede Stufe das traditionelle Zeltlager anzubieten. »Wir wollen uns auf ca. 50 Personen je Sommerlager beschränken«, erklärt die Diözesanvorsitzende der KSJ, Vanessa Wicher. »Wenn davon jeweils 18 Leute geimpft sind, sollte das auch die Zahl der notwendigen Schnelltests erheblich reduzieren.« Nachdem die KSJ im Vorjahr auf die traditionellen Zelte verzichtete, habe es einen großen Wunsch nach den klassischen Zeltlagern gegeben. »Es war aber gar nicht so leicht, geeignete Plätze zu finden« berichtet Vanessa.« So seien die Zeltlager auf eine gute Woche verkürzt worden, um den logistischen Aufwand zu minimieren und mit zwei Standorten für sechs Zeltlager auszukommen. »Nun hoffen wir, dass die Infektionszahlen ein halbwegs normales Lagerleben zulassen werden.«

Auf eigene Faust. Es falle auf, wie selbständig sich viele Gruppen um die Vorbereitung ihrer Freizeiten kümmerten und die aufkommenden Probleme ganz alleine meisterten, stellt Patrick anerkennend fest. Ein DPSG-Stamm in Neugraben organisiere beispielsweise ein Lager auf Bornholm und warte nur noch darauf, dass die örtlichen Regelungen gelockert werden. »So gesehen scheint die Pandemie-Situation schon was Normales für die Gruppenleiter/innen zu sein – oder zumindest etwas, was sich mit guter Planung bewältigen lasse.« Daher bemühe sich der Dachverband darum, die Rahmenbedingungen, unter denen die einzelnen Ferienfreizeiten stattfinden müssen, zu verbessern. Die erhöhten Tagessätze im Landesförderplan für die Freizeitmaßnahmen seien dabei eine große Unterstützung, versichert Joana. Konkreten Beratungsbedarf gäbe es dagegen vor allem unter den Kinder- und Jugendgruppen aus den katholischen Kirchengemeinden. »Auch wenn wir für diese Gruppen formal nicht zuständig sind, stehen wir ihnen selbstverständlich mit Rat und Tat zur Seite, wenn wir ihnen bei ihren Fragen weiterhelfen können – schon allein wegen der Kinder.«

Alternativlos. »Angesichts der verschärften Kontaktbeschränkungen und der langen Phase des Distanzunterrichts stellt sich für viele Gruppen kaum die Frage, ob die Planung einer Ferienfreizeit womöglich zu aufwendig sei«, freuen sich Patrick und Joana. »Aus den Gesprächen mit den Gruppen ergibt sich ganz klar, dass die Ehrenamtlichen ihre Motivation maßgeblich daraus ziehen, mit ihrer Freizeit etwas für ihre Kinder und Jugendlichen tun zu können.« So sieht es auch Jonathan, ein Rover-Leiter der DPSG in Poppenbüttel. Nach mehr als einem Jahr Corona seien die sozialen Kontakte für Kinder und Jugendlichen nahezu weggefallen. »Deswegen ist unser Sommerlager auch so immens wichtig für diese Altersgruppen. Wir haben die Chance, ihnen ein Rauskommen aus dem Corona-Alltag zu ermöglichen und zumindest für die Tage der Freizeit alle Sorgen hinter sich zu lassen.«

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