Landesjugendring Hamburg e.V.
Heft 2-2020, Rubrik Titelthema

Wider den Methodenfetischismus

Beobachtungen zu Inhalten, Didaktik, Methodik in der Jugendverbandsarbeit und außerschulischen Jugendbildung

Von Prof. em. Benno Hafeneger, Universität Marburg

In Zeiten der Corona-Pandemie ist (verbandliche) Jugendarbeit weitgehend durch digitale Technik bestimmt. Ohne direkten Kontakt der agierenden Personen beschränken sich Form und Inhalt der Interaktion durch die gewählte Technik. Doch auch jenseits der aktuellen Pandemie ist in der Jugendarbeit ein Überhang an inhaltsprägenden Techniken zu beobachten. Präsentationsmethoden vieler Art bestimmen den Ablauf von Seminaren, Gruppenstunden und Versammlungen. Die Frage – gerade mit Blick auf politische Bildung – ist: Was machen die didaktischen Methoden mit der »Sache«, die es zu klären gilt? – Ein Aufruf zur Methodenkritik in der außerschulischen Jugendbildung.

Vergegenwärtigt man sich die neuere Geschichte der Jugendarbeit und außerschulischen Jugendbildung, dann kann ihre – sozialisatorisch und demokratisch – prägende Bedeutung in zweierlei Hinsicht bilanziert werden. Einmal für die biografische und kommunikative Sozialisation und für die politisch-demokratische Bildungserfahrung von großen Teilen der jungen Generation, dann demokratiepolitisch für das politische und zivilgesellschaftliche Engagement in Verbänden und im Gemeinwesen. Dieser Blick gilt – gerade auch im Vergleich zu anderen Ländern – vor allem für die Geschichte der Bundesrepublik, in der wiederholt größere Gruppen aus der jungen Generation in der Jugendverbands- und deren Bildungsarbeit in ihrem Denken und Handeln beeinflusst und geprägt worden sind, dann für die vielschichtigen Engagementformen und -erfahrungen, die sich auch in das Erwachsenenalter hinein verlängern.

Bedeutungen von Jugendverbandsarbeit
Bei allen historischen Etappen und Differenzierungen der Jugendverbandslandschaft und von politisch-pädagogischen Konzepten ihrer Bildungsarbeit haben sich vor allem fünf Kernmerkmale bzw. Bedeutungsebenen herausgebildet, die den Jugendverbänden – wie z. T. auch der Jugendarbeit insgesamt – gemeinsam sind und ihre Bedeutung markieren:

• In der Denktradition von John Dewey ist es ein Verständnis von Demokratie als Staats- und Lebensform; und dabei muss Jugendverbandsarbeit und -bildung selbst ein Laboratorium der Demokratie bzw. »verwirklichte Demokratie« (Adorno) sein.

• In der Denktradition von Theodor W. Adorno werden Aufklärung und die Herausbildung von Autonomie, Mündigkeit und kritischer Selbstreflexion sowie ein kritischer Bürger / eine kritische Bürgerin in der Demokratie zu werden zu leitenden Motiven in der »Erziehung nach Auschwitz«.

• Mehrfach wurde konzeptionell begründet, dass Jugendarbeit und -bildung nur gelingen können, wenn sie erstens mit ihren Zugängen, Formaten und Aktivitäten an den Bedürfnissen ansetzt, die Interessen und Erfahrungen, die Lebensthemen und Fragen der jungen Generation in den Mittelpunkt stellt. Und wenn es ihr zweitens gleichzeitig gelingt, die Gesellschaft bzw. gesellschaftlichen Zusammenhänge – mit denen Subjektivität und Biografie verbunden und verwoben sind – in einem dialogischen Prozess deutend aufzunehmen. Dazu zählt insb. die Auseinandersetzung mit politischen und gesellschaftlichen Strukturen, mit Interessenlagen und wirkmächtigen Tendenzen.

Wesentliche politisch-pädagogische Leitmotive sind in diesen Prozessen sowohl Selbstbestimmung, Mitbestimmung und Partizipation als auch ein gelungenes Verhältnis von Vermittlung und Aneignung in einem anregenden und vertrauensvollen Lern- und Bildungsklima.

• Jugendverbandsarbeit bedeutet für Jugendliche in dichten Lebenszusammenhängen und sozialen Beziehungen (Gruppen, Freundschaften, Cliquen, Netzwerke) ihre Freizeit zu verbringen und sinnvoll zu nutzen. Die subjektive Sinngebung – für sich, mit Anderen eine sinnvolle »Sache« zu tun – ist ein wiederholt konstatierter empirischer Befund aus der Jugendverbändeforschung.

• Schließlich ist Jugendverbands- und vor allem Jugendringsarbeit – so ihre lange und ausgewiesene Tradition – qualifizierte und offensive Interessenvertretung der jungen Generation im öffentlichen Raum und in der Gremienarbeit.

Mit ihren Strukturen und Organisationen, Bildungsformaten und ihrem Alltag erreichen die Jugendverbände und ihre Bildungsangebote – und dies ist im Vergleich zu anderen europäischen Ländern in diesem Ausmaß und in dieser Differenzierung einmalig – große Teile der jungen Generation über einen längeren Zeitraum; z. T. schon in der Kindheit, dann in der langen Jugendzeit und als junge Erwachsene. Sie sind eine »Säule« im Feld des Jugendlebens mit jugendlichen Gesellungsformen und Aktivitäten, Möglichkeiten und Erfahrungen der non-formalen und informellen Bildung.

Lernende Organisationen
Zu den vielschichtigen Herausforderungen und Erfahrungen der Bildungsarbeit von Jugendverbänden (und auch anderen Trägern wie Bildungsstätten, Akademien, Landeszentralen für politische Bildung) gehört, das Verhältnis von Inhalt und Methoden, von Vermittlung und Aneignung, auszubalancieren. Hier kann das Feld auf zwei produktive Traditionslinien zurückblicken:

• Es sind die immer wieder zeitbezogen aufgenommenen politischen und gesellschaftlichen Inhalte, Fragen und Themen, verbunden mit der Anstrengung, diese zu durchdringen und zu klären; subjektive Erfahrungen und gesellschaftliche Verhältnisse (durchaus kontrovers) aufklären zu helfen.

• Dann waren und sind es die kreativen und anregenden didaktischen und methodischen Arrangements, die solche Lern- und Bildungsprozesse produktiv organisieren und fördern. Didaktik meint dabei die Theorie und Praxis, das Nachdenken und die Modelle über Lehren und Lernen; Methodik meint die praktischen Verfahren in der Umsetzung.

Das außerschulische Jugendbildungsfeld kann generell als lernend und die Jugendverbände können als lernende Organisationen charakterisiert werden. Es ist ihnen in der Mitgliedschaft, im Ehrenamt und in der Professionalität in der Geschichte der Bundesrepublik immer wieder – allen Phasen und allem Krisengerede zum Trotz – gelungen die Generationenfolge herzustellen.

Es kann eine lange, zeitbezogene Liste rekonstruiert werden, die anzeigt, wie zeitnah, klug und engagiert sich die verbandliche (und auch weitere außerschulische) Bildungsarbeit immer wieder den Themen und Fragen ihrer Zeit gestellt hat und stellt. Das gilt auch für ein kreatives und partizipativ angelegtes Methodenarsenal. Dies reicht – um hier nur ein paar beispielhaft anzudeuten – von der »Wandzeitung« der 1960er Jahre, über die Pinnwand, Kleingruppenarbeit, die Kultur- und Theaterarbeit, unterschiedliche Spielformen, die Siebdruckplakate, Interviewmethoden, Foto und Videofilm bis hin zur Projektarbeit (z. B. Stadteilerkundungen und Spurensicherung), Dokumentationen zur Lokalgeschichte (»grabe wo du stehst«), alternativen Stadtrundfahrten, Reisen und zu internationalen Kontakten. Das gilt weiter für Besuche von Gedenkstätten und Museen oder aktuell die Nutzung der digitalen Medien.

Inhalt und Form
Es gab in den unterschiedlichen zeitlichen Phasen der Jugendverbands- und Bildungsarbeit immer mal Hinweise, dass die – jeweils zeitbezogenen – Methoden vor den Inhalten dominieren, dass sie im Mittelpunkt stehen und attraktiv erscheinen, um Jugendliche und junge Erwachsenen zu erreichen und die Bildungsarbeit »zu verkaufen«. Sie wurden z. T. euphorisch aufgenommen und gelegentlich war auch vorwurfsvoll von »Methodenbegeisterung«, vom »Methodenfetischismus«, einem »Medienhype«, der »Entertainisierung« (u. a. mit witzigen und eingängigen Videos und Podcasts) oder auch einer »Design-Welt« (einem »schönen Schein«) die Rede.

Seit einiger Zeit gibt es für die Jugendarbeit und außerschulische Bildungsarbeit u. a. Methodenkoffer, -kisten und -bänke, Literatur und Handbücher; und schon lange ist bei den Kompetenzmerkmalen in der schulischen (Politik-)Didaktik aber auch der außerschulischen Bildung – neben der Fachkompetenz, der personalen und der sozial-kommunikativen Kompetenz, der Prozess- und Handlungskompetenz – von Methodenkompetenz die Rede. Die vor allem aus der Betriebswirtschaft und Unternehmensführung entlehnten Kompetenzmodelle, Begriffe und Strategien sind zu einem festen Bestandteil für den schulischen Unterricht, die Kinder- und Jugendhilfe und auch die Jugend(verbands)arbeit geworden. Diese beeinflussen Denken und Kultur, setzen mit ihrer Logik inhaltsferne Kriterien von Lernen und Bildung; und wenn sie nicht vermittelt mit Inhalten und Themen der Jugendverbands- und deren Bildungsarbeit oder gar von ihnen abgekoppelt sind, dann bleiben sie »leer«.

Nun sind Entwicklungen in Jugendverbänden und der außerschulischen Bildungsarbeit – vor dem Hintergrund der Förderpolitik und den institutionellen Spielräumen – konfrontiert, eingebunden und abhängig von vielen gesellschaftlichen Prozessen und Faktoren. Dazu zählen (modische) Trends in der Kommunikation, Ästhetik und Wahrnehmung, weiter Mechanismen und Marketingstrategien (z. B. der Ästhetisierung, Subjektivierung) in der Ökonomie und im Produktplacement. Dann sind Entwicklungen innerhalb der jungen Generation, deren Rezeptionsgewohnheiten und Wahrnehmungen sowie Entwicklungen (z. B. betriebswirtschaftliches Denken) innerhalb der verbandlichen Kulturen und ihren Akteuren zu beachten. In diesen verwobenen Prozessen sind Jugendverbände zugleich Akteur und bestimmen mit, welche Kultur von Verbandsaktivitäten und Bildung sie arrangieren – in welchem Verhältnis dann Inhalte, Themen und Fragen zu didaktischen Arrangements, Methoden und Design stehen.

Vier Blicke
Seit einigen Jahren zeigen sich Entwicklungen im Jugendverbandsbereich und in der außerschulischen – nicht nur verbandlichen – Bildungsarbeit, die mit Blick auf die Beziehung und Verknüpfung von Inhalt, Didaktik und Methoden ähnliche Merkmale dahingehend haben, dass didaktische Überlegungen und methodische Instrumentarien dominieren.

Es gibt geradezu eine Methoden(un)kultur im gesamten pädagogischen Feld und in Fragen der Entwicklung von pädagogisch-bildenden Einrichtungen und Organisationen, von Lernen und Bildung. Dabei sind für die Jugendverbände zu unterscheiden: Selbstbeschäftigung/-entwicklung (Modernisierung), die Gremienstruktur und öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen sowie der Bildungsbereich.

1. Die Jugendverbände sind im Sog von und im Schritt halten mit Modernisierungsprozessen – als ein durchaus notwendiger Aspekt der Selbstbeschäftigung und Entwicklung – vielfach mit Coaching, Beratung und Fragen der Organisationsentwicklung mit Partnern aus diesen disziplinfernen Berufsfeldern befasst. Sie haben vielfach wiederholten und systematischen Kontakt mit Akteuren aus diesem Feld, sind mit deren Logiken konfrontiert und werden von ihnen beeinflusst. Dazu gehören z. B. – im Rahmen von Planungs- und Organisationsprozessen – die Implementierung von neuen Strukturelementen und Abläufen in Verbänden, bis hin zu Verschlankungen, neuen Gremien (Arbeitsgruppen), Logos oder auch Publikationen in Hochglanzformat.

2. Bei Vollversammlungen/Delegiertenkonferenzen, größeren Work-shops, Podiumsdiskussionen und Fachtagungen sind Jugendverbands- und Jugendringveranstaltungen durchzogen von externer Moderation mit ihrem methodischen Arsenal. Oftmals wird – so wiederholt und als Beispiel – nach der Begrüßung durch den Veranstalter dann die weitere Strukturierung des Verlaufes der Veranstaltung den Moderatoren übergeben. Diese achten auf den Ablauf, die einzuhaltenden Zeiten (z. B. von Kleingruppenarbeit, World-Café, Fishbowl), lassen Ergebnisse zusammentragen und notieren selbst Ergebnisse; fassen dann mündlich, verbunden mit einer Pinnwand oder Powerpoint-Präsentation zusammen. In der Regel gibt es noch ein Abschlusswort von Seiten des Veranstalters und verwiesen wird auf Beschlüsse und Empfehlungen, das Protokoll bzw. die Folien der Powerpoint-Präsentation sowie auf die auszufüllenden oder zuzuschickenden Evaluationsbögen.

Die Abläufe werden delegiert und erscheinen dann – gut visualisiert und präsentiert mit den entsprechenden Techniken, dem digitalisierten Mitschreiben – gelungen und schlüssig, aber sie sind kaum mit politisch-inhaltlicher Dichte und Tiefe, einer kontroversen Suche nach Klarheit und von Positionsmarkierungen verbunden. Das gilt gerade auch für mögliche und notwendige Dynamiken, Wege und Umwege von inhaltlicher Arbeit, weil die vorgesehene Methodenfolge dem entgegensteht, diese den Zeitrhythmus bestimmen und von ihnen die Hinführung zu Ergebnissen abhängt.

3. Die Formate der außerschulischen Jugendbildung im Bereich der Aus-, Fort- und Weiterbildung von ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitern/innen wie auch von Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind mit einem bunten Strauß von Methoden verbunden. Dazu zählen ausgewählt und beispielhaft: der Metaplankoffer, die Pinnwand und bunten Kärtchen mit den zugehörigen Klebepunkten, dann das World-Café und Open Space, die Kleingruppenarbeit, die Visualisierungs- und Präsentationstechniken sowie die Möglichkeiten der digitalen Medien. Lange Tradition haben Plan- und Rollenspiele, Kennenlernspiele, die Zukunftswerkstatt, die Smiley-Methode oder auch das Blitzlicht. Auch im Alltag der außerschulischen Jugendbildung kann man den Eindruck gewinnen, dass das methodische Arsenal die Bildungsformate innerhalb und außerhalb von Bildungseinrichtungen überlagern und dominieren. Die Zufriedenheit von Seminaren, Work-shops und Tagungen, von Bildungsreisen und Besuchen stellt sich eher über die Erfahrungen mit dem didaktischen und methodischen Arsenal als mit der Klärung von inhaltlichen Fragen her.

Bei solchen Formaten wird die Arbeit an und das Durchdringen einer Sache, die Erschließung bislang unbekannter Sachverhalte, die Erweiterung des Denkens, die Auseinandersetzung mit Tiefenstrukturen, die Suche und Schärfung von Positionen eher in den Hintergrund gedrängt.

Wirkliches Lernen und echtes Wissen setzen Verstehen voraus, dazu braucht man keine – mit vermeintlicher Effizienz verbundenen oder auch unterhaltsamen – Lernmethoden und didaktisch aufbereitete »Wissenshäppchen«, die Daten und Fakten referieren oder Bekanntes auflisten und zusammenfassen. Bildung und Verstehen gelingen dann am ehesten, wenn sie in einer Kultur und Lernumgebung der Anerkennung mit Fragen verbunden sind, die die Lernenden herausfordern und irritieren; wenn sie Lösungswege ausprobieren, produktive Irrtümer begehen und konstruktiv scheitern können. Dies knüpft an die sokratische Methode des Fragens und Irritierens (d. h. kreative Umwege und produktive Sackgasse zuzulassen) oder das »entdeckende Lernen« an, die Teilnehmer/innen veranlasst, das eigene Erkenntnispotential zu aktivieren.

4. Das Verständnis und der Einsatz von Methoden sind immer auch mit der zeitbezogenen Professionalität bzw. Professionsverständnissen verbunden, weil sie in der Regel für die Planung und den Ablauf (die Formate) von Bildungsveranstaltungen zuständig sind. Ein kurzer (!) Blick in die Geschichte der außerschulischen Jugendbildung, in der sich die Professionalisierung – mit der Gesetzgebung in den Bundesländern in den 1970er Jahren – herausgebildet hat, zeigt, dass diese sich vor allem und über einen langen Zeitraum als politische Bildung verstanden hat. Dieses zeitbezogene normative Verständnis war u. a. eingebunden in die Dynamiken der Bildungsreform und von Aufbruch sowie von Profilen in Studiengängen und in Bildungsmotive der ersten Generationen von Bildungsreferenten/innen. ie weitere Geschichte (die noch empirisch zu rekonstruieren wäre) zeigt die – notwendigen und gut begründeten – Veränderungen von Profilen, Themen und Orientierungen von hauptamtlichen Mitarbeitern/innen. Mit der Differenzierung von Arbeitsfeldern der Jugendverbände und der außerschulischen Jugendbildung, den damit verbundenen Professionsverständnissen und -kulturen ist – in der Generationenfolge der Profession – auch bei Bildungsreferenten/innen das Phänomen der Methodenbegeisterung und -dominanz beobachtbar. Sie gehören als eine Akteursgruppe im Feld mit zu den Trägern solcher Entwicklungen, freilich ohne sie allein dafür verantwortlich zu machen – aber sie tragen zu dieser Entwicklung bei.

Ambivalenzen
Mit der zugespitzt formulierten Skizze – die so eindeutig die differenzierte Verbands- und Bildungsrealität natürlich nicht abbildet – soll auf zweierlei hingewiesen werden. Einmal den Blick auf die vier skizzierten Kernmerkmale zu schärfen, dann das Verhältnis von Inhalten, didaktischen Überlegungen und methodischen Arrangements immer wieder klug auszubalancieren. Eine Beobachtung und ein Eindruck sind seit einiger Zeit, dass Methoden – die man »inhaltsleer« im Prinzip überall anwenden kann – einen exklusiven und inhaltsabgewandten Stellenwert bekommen; dass Jugendverbände und Akteure in der Bildungsarbeit besonders zufrieden sind, wenn die Veranstaltung mit ihrem methodischen Arsenal und im Ablauf gelungen ist. So ersetzen z. B. das Dauerangebot von (schönen) Folien die Entwicklung von eigener Nachdenklichkeit, produktiver Klärungsarbeit und Selbstreflexion.

Vielfach rekapitulieren und systematisieren Methoden nur das, was weitgehend bekannt ist und dann auf einem gut präsentierten und visualisierten Niveau zusammenzutragen wird; was aber kaum mit einem neuen, reflektierten inhaltlichen Erkenntnisgewinn verbunden ist.

Es gab wiederholt und es gibt Methoden, die haben – das ist zu konstatieren und macht die Ambivalenzen aus – immer auch einen eigenen Reiz, weil sie Spaß machen, helfen zu strukturieren, Lernpotential haben und Kompetenzen zeigen und Lernprozesse fördern können. Sie können Teilnahme(motive) binden und Anreize sein für den Besuch von Veranstaltungen, in einem Verband mitzumachen; vor allem wenn sie partizipativ angelegt sind. Aber sie können auch ein Eigenleben führen und sich zu einer Dominanzkultur von verbandlichen Aktivitäten und in der Bildungsarbeit entwickeln; und damit ein mehr technisch-organisatorisch oberflächliches Verbands- und Bildungsgeschehen fördern.

Didaktische und methodische Überlegungen sollten in verbandlichen Kontexten vor allem eine anregende und fördernde, dienende und instrumentelle Funktion in der (Selbst-)Klärung von »Sachverhalten«, in der Organisation von Reflexions-, Lern- und Bildungsprozessen haben. Vor allem sollten sie Partizipation, Eigenzeiten und Eigensinn – denen in den individuellen Lern- und Bildungsprozessen eine wesentliche Bedeutung zukommen – zulassen und nicht einem vorgegebenen methodisch-zentrierten Takt auf den – dann auch wieder methodisch vorbereiteten – geplanten Abschluss hin folgen.

Fazit
Als Quintessenz könnte man für die Jugendverbände und außerschulische Bildungsarbeit – wie auch für viele andere pädagogische Bereiche – formulieren: Wir brauchen immer auch eine qualifizierte – verbandliche und professionelle – Methodenkritik, und wir müssen didaktische und methodische Arrangements wieder mehr auf die Inhalte und die »Sache« beziehen, die es zu klären gilt. Die Herausforderung ist, diese zu den Anstrengungen ins Verhältnis setzen, gesellschaftliche Verhältnisse zu durchdringen, zu verstehen und in demokratisch-humaner Perspektive mit zu verändern. Letztlich geht es um das kritische Potential, dessen sich Jugendverbände und außerschulische Bildungsarbeit immer wieder neu vergewissern müssen.