Landesjugendring Hamburg e.V.
Heft 3-2021, Rubrik Titelthema

2. Stichwort: Klimawandel stoppen

Die Herausforderung des Klimawandels erfordert einschneidende Eingriffe in Ökonomie, Mobilität und Lebensweisen der Menschen. Welche Schritte stehen auf Ihrer politischen Agenda?


Franziska Hoppermann (CDU):
Die Union bekennt sich klar zum Ziel eines klimaneutralen Deutschlands bis 2045 und dem 2-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens. Wir wollen die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 65% gegenüber 1990 reduzieren. Für uns ist klar, dass ein modernes Deutschland wirtschaftliche Stärke, konsequenten Klimaschutz und soziale Sicherheit braucht. Wir wollen Interessen dabei zusammenführen und nicht gegeneinander ausspielen. Wir setzen auf neue Technologien, Innovationen und Anreize wie z.B. in der Energiegewinnung, den Antriebsformen, Kraftstoffen, in der Industrie. Klimaschutz muss dabei aber auch europäisch und global angegangen werden, um Produktionen nicht in Staaten mit geringeren Klimaschutzstandards zu verlagern. Deshalb unterstützen wir den Green New Deal der Europäischen Kommission und setzen Standards für Klimafreundlichkeit und Nachhaltigkeit in der Entwicklungszusammenarbeit und der Handelspolitik. Wir wollen den Emissionshandel auf Wärme- und Verkehrssektor, den Flugverkehr und die Schifffahrt ausweiten. Uns geht es aber dabei auch um Nachhaltigkeit. Wir wollen die Kreislaufwirtschaft stärken und Rohstoffe, die für die Industrie benötigt werden, möglichst im eigenen Land gewinnen und Recyclingrohstoffe einsetzen. In unserem Regierungsprogramm findet sich allein für das Thema des Waldschutzes ein ganzes Kapitel mit Maßnahmen, die Bundesregierung hat hierfür in den vergangenen vier Jahren 1,5 Mrd. Euro für die Wiederbewaldung in einem Paket zur Verfügung gestellt. Mobilität ist ein Ausdruck individueller Freiheit. Deshalb ist ein massiver Ausbau in die Infrastruktur weiterhin wichtig. Dazu gehören massive Investitionen in die Schienennetze und eine Verlagerung des Güterverkehrs von der Autobahn auf die Schiene. Wir wollen die Entwicklung von Wasserstoff als Energieträger weiter fördern und die Luftfahrt und Schifffahrt klimaneutral in die Zukunft bringen durch die Förderung und Entwicklung synthetischer Kraftstoffe, speziellen Forschungsprogrammen und Stärkung der Schlüsseltechnologien.


Ronja Schmager (SPD): Der Klimawandel bedroht unsere Ökosysteme, das globale Gleichgewicht – unser Zusammenleben. Es sind die jungen Menschen, die der Welt in den letzten drei Jahren gezeigt haben, dass jetzt Zeit ist zu handeln – und zwar schnell. Die globale Temperatur ist bereits um 1,2 Grad gestiegen und die Folgen sehen wir gerade überall auf der Welt – sie sind katastrophal.
Als erstes müssen wir die Treibhausgasemissionen senken, um den menschengemachten Temperaturanstieg auf max. 1,5 Grad zu begrenzen. Dafür muss Deutschland bis spätestens 2045 klimaneutral werden. Um dieses Ziel zu erreichen, wollen wir die Stromgewinnung bis 2040 komplett auf erneuerbare Energie umbauen – und das ganz ohne Atomstrom.
Die Klimakrise ist aber auch eine soziale Frage, wir wollen deshalb die Wirtschaft sozial-ökologisch umbauen, um mit einer klimaneutralen Industrie die Arbeitsplätze der Zukunft zu sichern. Klimaschutz ist kein Luxus, die Kosten des Klimawandels dürfen nicht auf die*den Einzelne*n abgewälzt werden. Wir brauchen eine Mobilitätswende: Schiene vor Straße sowie Elektroantrieb und grüner Wasserstoff vor fossilen Brennstoffen. Dieser Umstieg gelingt nur, wenn er für alle bezahlbar ist, daher sollen die Kosten dafür über Beiträge anstatt Ticketpreise finanziert werden und die Nutzung vom Personen-Nahverkehr subventioniert werden.
Zudem setzen wir auf eine gute Landwirtschaft im Sinne des Tierwohls und der Biodiversität. Das System muss sich ändern, um unseren Planeten zu retten. Ganz nach dem Motto: »Change the system not the climate«.


Ria Schröder (FDP): Der Klimawandel ist die wichtigste globale Herausforderung unserer Zeit. Wir müssen die nächste Legislaturperiode nutzen um einen garantierten Pfad zur Klimaneutralität einzuschlagen. Wir setzen auf eine umfassende Dekarbonisierung unserer Lebensweise, indem wir die Voraussetzungen dafür schaffen, dass überall dort, wo derzeit noch CO₂ und andere Treibhausgase ausgestoßen werden, auf eine klimaneutrale Alternative umstellen. Wir setzen dabei auf die Ordnungspolitik und wollen ein striktes CO₂-Limit einführen und den Emissionshandel für alle Sektoren und alle Klimagase festlegen. Darüber hinaus wollen wir Anreize für massive Investitionen in Forschung und Entwicklung setzen, den Ausbau erneuerbarer Energien entbürokratisieren und neue Technologien wie Wasserstoff, Gentechnik und Cleanmeat ermöglichen. Wir wollen den Bahnverkehr nicht nur in Deutschland sondern europaweit ausbauen und damit zur echten und günstigeren Alternative zum Fliegen machen.


Żaklin Nastić (LINKE): Wir streiten für einen konsequenten Schutz unserer Erde. Dazu gehört Klimagerechtigkeit, die menschenrechtsbasiert ist. Das sind wir den zukünftigen Generationen schuld. Nicht umsonst besagt ein berühmtes indianisches Sprichwort, dass wir unsere Erde nur von unseren Kindern geliehen haben.
Spätestens 2030 wollen wir den letzten Kohlemeiler vom Netz nehmen und bis 2035 unseren Energiebedarf vollständig mit erneuerbaren Energieerzeugern decken. Dabei wollen wir dafür sorgen, dass der Ausbau von erneuerbaren Energien zugleich als Job-Motor wirkt und vielen jungen Menschen gute Zukunftsperspektiven bietet. Mit niedrigen Preisen für den notwendigen Verbrauch werden wir dafür sorgen, dass sich alle ihren Energie-Grundbedarf leisten können. Erst der Mehrbedarf an Energie z.B. für Großkonzerne wird teurer. Damit wollen wir die Ärmeren sowie die Mittelschicht entlasten, die Reichen in die Pflicht nehmen und die Kosten der Energiewende fair verteilen.
Wir wollen den ÖPNV stärken, ihn massiv ausbauen und kostenfrei machen. Wir in Hamburg wissen leider allzu gut, was ein teurer ÖPNV bedeutet – fast jährlich werden die Fahrpreise erhöht, mittlerweile sind es die höchsten bundesweit. Das ist weder sozial noch ermutigt es die Hamburgerinnen und Hamburger dazu, vom Auto auf Bus und Bahn umzusteigen. Es wäre aber innerhalb von fünf Jahren möglich, den gebührenfreien ÖPNV in ganz Deutschland einzuführen – und genau das streben wir an. Die Deutsche Bahn und Lufthansa wollen wir zusammenlegen – mit Orientierung am Bedarf statt am Profit. Einen sanften Wandel von Kurzstreckenflügen zu Hochgeschwindigkeitszügen erreichen wir, indem wir beides gemeinsam organisieren statt in Konkurrenz zueinander. Anstatt Preiserhöhungen für Flüge das Wort zu reden, müssen wir dabei vielmehr die Preise für Bahntickets deutlich senken.
Natürlich dürfen auch diejenigen, die aktuell z.B. in der Kohlebranche tätig sind, von der Politik nicht im Stich gelassen werden. Also will DIE LINKE den Strukturwandel fair gestalten und insgesamt 40 Milliarden Euro investieren, um die Einkommen aller zu sichern und notwendige Übergänge in klimaschonende Wirtschaftszweige sozial abzufedern.


Linda Heitmann (Grüne): Um Klimaschutz politisch wirksam voranzubringen, braucht es aus meiner Sicht Anstrengungen insbesondere in drei großen Bereichen : die CO₂-Emissionen großer verarbeitender Industrieunternehmen müssen stark reduziert werden, wir brauchen eine echte Mobilitätswende, um Emissionen auch im Straßen- und Flugverkehr zu reduzieren, und wir müssen in Wohnraum mit guter Wärmedämmung und niedrigem Energieverbrauch investieren.
Das von uns Grünen veröffentlichte Klimaschutzsofortprogramm für die nächste Bundesregierung stellt folgende Punkte ins Zentrum:
1. Erneuerbare Energien schneller ausbauen
2. Den Kohleausstieg auf 2030 vorziehen
3. Wirtschaft und Industrie auf Klimaneutralität ausrichten
4. Klima-Offensive bei Gebäuden und im Bausektor starten
5. Mobilitätswende beschleunigen
6. Grünen Wasserstoff stärken
7. Klimaschutz, Natur und Landwirtschaft zusammenbringen
8. Klimaschutz sozial gerecht gestalten
9. Bundeshaushalt zum Klimahaushalt machen
10. EU zur Klimavorreiterin machen, Klimaaußenpolitik vorantreiben
Damit Klimaschutz sozial gerecht ist, wollen wir die Einnahmen aus dem nationalen CO₂-Preis direkt an die Bürger*innen über das so genannte Energiegeld, das transparent pro Kopf gezahlt wird, zurückgeben. Weiterhin streben wir die Senkung der EEG-Umlage an. Mit dem Energiegeld wird klimafreundliches Verhalten belohnt, und es findet ein sozialer Ausgleich im System statt. Unterm Strich werden so Geringverdiener*innen und Familien entlastet und vor allem Menschen mit hohen Einkommen belastet. Bezieher*innen von Transferleistungen wie Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe profitieren ebenfalls, da das Energiegeld nicht auf die Grundsicherung angerechnet werden soll.
Auch Pendler*innen, die auf Bahn, Bus oder ein emissionsfreies Fahrzeug umsteigen, wollen wir über einen Klimabonus-Fonds, der großzügige Hilfen bietet, unterstützen.