Von Eike Schwede, LJR-Vorsitzender
Die Würfel sind gefallen, es stellt sich die Frage, welches Ergebnis aus den Würfeln herausgelesen wird.
Die bislang allein regierende CDU wurde in Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen lediglich von 29,2% gewählt, so die Analyse des Statistischen Amtes für Hamburg und Schleswig-Holstein. Liegt dies daran, dass die Senatspolitik die Interessen dieser Zielgruppe nicht widerspiegelt, wie z.B. bei der Einführung von Studiengebühren, oder daran, dass zu wenig Wert darauf gelegt wurde, dieser Gruppe, also jungen Menschen, die Politik des Senats näher zu bringen?
Eines muss für alle Parteien ein klares Signal sein, das am Wahlverhalten abzulesen ist: die schlechteste Wahlbeteiligung seit Kriegsende ist nicht, wie zum Teil in Niedersachsen so interpretiert, auf schlechtes Wetter oder mangelnde Spannung im Wahlkampf zurück zu führen, vielmehr muss es als Realität erkannt werden, dass ein Drittel aller Hamburger sich nicht ausreichend durch Parteien politisch vertreten fühlt. Wie alarmierend ist es dann, wenn der genauere Blick auf die Wahlkreise zeigt, dass in Wilhelmsburg weniger als 50% der Wähler ihre Stimme abgaben, in Blankenese aber deutlich über 80%. Noch niedrigere Wahlbeteiligungen als in Wilhelmsburg gab es im Stadtteil Billbrook. Hier ist meines Erachtens eine Ohnmachtsvorstellung gegenüber Politikern nicht zu verkennen.
Gerade in der für zukünftige Entwicklungen besonders wichtigen Zielgruppe der 18- bis 24-Jährigen zeigt sich mit einer Wahlbeteiligung von nur 38,2 % eine erschreckende Distanz zur Parteipolitik.
Aber auch die positiven Ergebnisse der Wahl sind nicht zurück zu weisen; die rechtsextreme DVU bleibt mit 0,8 % hinter den schlimmsten Befürchtungen zurück und setzt die Serie der Verluste der rechtsextremen Parteien in Westdeutschland fort. Trotz dieses Ergebnisses sind aber die rechtsextremen Tendenzen in Hamburg nicht klein zu reden, zumindest für mich persönlich lesen sich die Zahlen so, dass vormalige DVU-Wähler nun eher zu der Gruppe der Nichtwähler zu zählen sind.
Jugend als Verschiebemasse?
Neue Regierungen bringen auch immer neue Impulse im Jugendbereich, zumindest aber eine neue organisatorische Einordnung dieses Bereiches in der Ämterstruktur.
Jugend hat als Verschiebemasse zwischen den neu zu versorgenden Senatoren für Soziales, Familie, Bildung oder Kultur in Hamburg eine gewisse Tradition. Diese Tradition spiegelt die mangelnde konzeptionelle Identität einer eigenständigen Jugendpolitik in den Köpfen der Entscheidungsträger der Parteien wider. In der Praxis bedeuten diese Wechsel für die Akteure, den behördlichen sowie den nicht-staatlichen, in der Regel eine Neuorientierung hinsichtlich Betrachtungsweisen und Erklärungsmustern. Zuerst verschwand »Jugend« aus der Behördenbezeichnung, dann als eigenständiges Amt. Diese Neuausrichtungen bewirken oft nichts Positives. Vielmehr ist das Ergebnis eher eine drohende Lähmung der notwendigen Weiterentwicklung.
Zentraler Gedanke einer eigenständigen Jugendpolitik ist es, Jugendliche als Subjekte von Politik zu denken und lebenslagennahe Mitwirkungsrechte zu schaffen bzw. auszubauen. Ob dies gelingt, falls der Bereich Jugend als untergeordneter Bereich dem Ressort Schule zugeschlagen werden sollte, ist fragwürdig. Hier sind die Ressourcen schließlich traditionell nicht so aufgestellt, dass Jugendlichen maßgebliche Gestaltungsmöglichkeiten an ihrer Umwelt zugesprochen werden. Ihre Interessen können im System Schule nur hinter den Mitspielern Eltern und Lehrern zurückstehen.
Bleibt also zu hoffen, dass die zukünftige Rathauskoalition unter Jugendpolitik mehr versteht als ein Anhängsel an irgendwelche Ressorts.