Heft 2-2008, Rubrik Vielfältige Jugendarbeit
Freie und junge Stadt Hamburg
Der Landesjugendring Hamburg zum Koalitionsvertrag von CDU und Bündnis 90 / Die Grünen, GAL
Der Landesjugendring Hamburg hatte sich in den Wahlkampf zur Bürgerschaftswahl mit dem Positionspapier »Partizipation ausbauen – Engagement stärken!« eingemischt. Diese Forderungen aufgreifend, hat der LJR zum Koalitionsvertrag von CDU und GAL Stellung in wesentlichen Kinder- und Jugendfragen bezogen. punktum dokumentiert das Positionspapier vom 8. Mai 2008 im Wortlaut: Engagement stärken!
– Vereinbarkeit von Studium und Ehrenamt Der Landesjugendring Hamburg kritisiert auch weiterhin die Erhebung von Studiengebühren. Wir begrüßen jedoch die von den Koalitionspartnern beschlossene geplante Änderung des Studiengebührensystems. Sie wäre ein wichtiger Schritt in Richtung bessere Vereinbarkeit von Studium und Ehrenamt und würde den Studierenden wieder mehr Möglichkeiten einräumen, einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten.
Die zwischen den Koalitionsparteien verabredete Regelung muss zügig umgesetzt werden! Auch wenn das ambitionierte Ziel, das neue Modell zum Wintersemester 2008/2009 einzuführen, erreicht werden sollte, fehlt für das laufende Sommersemester (wie schon für die vorangegangen zwei Semester) eine Lösung. Auch im Sommersemester 2008 werden viele Studierenden sich in ihrer wenigen Freizeit um die Finanzierung der Studiengebühren kümmern (müssen) und sich gegen ein ehrenamtliches Engagement, z.B. bei den anstehenden Sommerfreizeiten, entscheiden.
Solange das alte Modell greift, fordern wir eine Befreiung von den Studiengebühren für die Inhaber/innen einer JuLeiCa.
Engagement stärken! –
Ehrenamt fördern Der Landesjugendring Hamburg begrüßt die im Koalitionsvertrag geäußerte Wertschätzung des Ehrenamtes und die Ankündigung, sowohl das Ehrenamt als auch das freiwillige Engagement (FSJ, FÖJ) weiter zu fördern.
Zu den im Bereich des Ehrenamtes von der Stadt noch zu definierenden Tätigkeitsfeldern gehört nach unserer Meinung die verbandliche Jugendarbeit zwingend mit dazu, jedoch müssen die zum Einsatz kommenden Mittel auch tatsächlich wirken, d.h. sie müssen jugend(verbands)gerecht sein. Wir erinnern an dieser Stelle an unseren Vorschlag, JuLeiCa-Inhaber/innen bei der Vergabe von Studien-, Ausbildungs- und Arbeitsplätzen besonders zu berücksichtigen. Wir regen konkret eine Berücksichtigung bei der Vergabe der städtischen Ausbildungsplätze an, sowie eine Nachteile ausgleichende Verlängerung der Regelstudienzeit – analog der Mitarbeit in universitären Gremien.
Partizipation ausbauen! –
Senkung des Wahlalters Insbesondere die bei einer Bürgerschaftswahl historisch niedrigste Wahlbeteiligung der Wähler/innen zwischen 18-24 Jahren macht deutlich, dass sehr viele junge Menschen sich in der Politik und ihren etablierten Strukturen nicht mehr finden. Die Verantwortlichen in Staat und Gesellschaft müssen die Integration von jungen Menschen als politikfeldübergreifendes, eigenständiges Thema wieder entdecken. Sie müssen weitaus mehr und weitaus früher als bisher Kinder und Jugendliche als Objekte, vor allem aber als Subjekte von Politik denken. Wir erneuern an dieser Stelle unsere Forderung nach einer Senkung des Wahlalters.
Partizipation ausbauen! –
Kinder- und Jugendrechte stärken Mit einer formalen Absenkung des Wahlalters allein ist es jedoch nicht getan. Das Ringen um die Integration jungen Menschen kann sich nicht auf Wahlen beschränken, sondern muss gleichzeitig eine Stärkung der Partizipation in der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen zum Ziel haben. Dies bedeutet für uns nicht die Einführung paralleler ‚Demokratiestrukturen’ wie z.B. Jugendräte und Jugendparlamente. Wirkungsvoller ist es, funktionierende Projekte wie z.B. Jugendverbände zu unterstützen, denn im Jugendverbandsalltag sind Partizipation und Mitbestimmung Voraussetzung und Ziel zugleich. Auch die geplante Stärkung der Mitwirkungsrechte der schulischen Gremien böte eine gute Möglichkeit, jungen Menschen mehr Mitspracheregelungen einzuräumen. Wenn im Rahmen der selbstverantworteten Schule Einscheidungsrechte innerhalb der Schule ausgeweitet werden, dürfen Mitbestimmungsrechte von Schüler/innen nicht beschränkt werden. Wir bekräftigen erneut unsere in diesem Punkt ablehnende Haltung gegenüber dem Schulreformgesetz. Eine weitere Möglichkeit, Demokratie zu leben und zu lernen, sehen wir in der qualifizierten Ausgestaltung der im Bezirksverwaltungsgesetz enthaltenen Regelung, geeignete Verfahren für die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen zu entwickeln. Unter qualifizierter Ausgestaltung verstehen wir insbesondere außerschulische Bildungsangebote, denn nicht alle Mädchen und Jungen verfügen durch Schule oder Familie über die Befähigung zu aktiver Beteiligung. Jugendverbände als dritte Sozialisationsinstanz bieten – im Gegensatz zu Familie und Schule – jungen Menschen Möglichkeiten sowie Räume, diese Befähigung zum Gestalten zu erlernen.
Jugend braucht Hamburg –
Hamburg braucht Jugend Desintegration von Kindern und Jugendlichen äußert sich auf vielfältige Weise, z.B. im Verwehren von Bildungschancen und im Hinnehmen von Armut. Auch hier steuern die Jugendverbände mit ihren Bildungs- und Freizeitangeboten aktiv dagegen, jedoch können sie diese Aufgabe nicht alleine bewältigen.
Desinteresse an jungen Menschen macht Regieren und Verwalten vielleicht leichter, jedoch wird dadurch keine Grundlage für den Fortbestand und der Fortentwicklung einer Gesellschaft geschaffen. Nur wenn es dem neuen Senat gelingt, eine eigenständige Jugendpolitik zu formulieren und zu vertreten, die einen eigenen Förderbedarf von jungen Menschen voraussetzt, wird Integration gelingen.