Landesjugendring Hamburg e.V.
Heft 4-2008, Rubrik Vielfältige Jugendarbeit

Jugendverbände – aktiv gegen Rechts

Fachtag des Landesjugendringes Hamburg am 26. September 2008

Von Maren Riepe, Landesjugendring Hamburg

Seit vielen Jahren setzen sich Hamburger Jugendverbände gegen Rechtsextremismus ein – auf unterschiedliche Weise und mit verschiedenen Themen. So gesehen war der Fachtag des Landesjugendringes Hamburg nichts wirklich Neues. Dennoch brachte er neue Perspektiven und warf Fragen bezüglich des Engagements von Jugendverbänden auf.
Denn wie Benno Hafeneger, Professor für außerschulische Jugendbildung an der Philipps-Universität in Marburg, in seinem Einstiegsvortrag ausführlich erläuterte, wird Rechtsextremismus zunehmend auch als Problem in Jugendverbänden erkannt. Während es früher vor allem um die Abwehr von rechtsextremen Personen und Organisationen außerhalb der eigenen Strukturen ging, wird zunehmend auch die Gefahr von menschenfeindlichen Positionen in den eigenen Reihen wahrgenommen.

Rechts in der Mitte. Hintergrund dieses Wahrnehmungswandels sind neuere Studien, die Rechtsextremismus nicht mehr als Randphänomen der Gesellschaft bewerten. Insbesondere belegte jüngst die empirische Studie von Oliver Decker und Elmar Brähler – im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung – eine unheilvolle Tendenz »vom Rand zur Mitte«. Die Autoren ermittelten den Zustimmungsgrad zu rechtsextremen Anschauungen quer durch alle Gesellschaftsschichten, in dem sie den Grad der Befürwortung einer rechtsautoritären Diktatur, des Chauvinismus, von Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus, Sozialdarwinismus sowie die Verharmlosung des Nationalsozialismus maßen. Sie kamen dabei zum erschreckenden Ergebnis, dass rechtsextreme Einstellungen inzwischen ein Problem in der Mitte der Gesellschaft sind und Bestandteile rechtsextremer Einstellungen »durch alle gesellschaftlichen Gruppen und in allen Bundesländern gleichermaßen hoch vertreten sind« (Oliver Decker u. Elmar Brähler: Vom Rand zur Mitte, Bonn 2006).

Ein Jugendproblem? In Bezug auf die Diskussion innerhalb der Jugendverbände stellte Professor Hafeneger jedoch die These auf, dass die Zentrierung des Themas Rechtsextremismus auf Jugendliche eine Ausfluchtfunktion haben könnte. Zwar sei unter den Wählern rechtsextremer Parteien ein überproportionaler Anteil von Jungwählern (18 bis 24 Jahre) auszumachen. Mit Blick auf die Abwertung von gesellschaftlichen Minderheiten lasse sich diese Fokussierung jedoch nicht rechtfertigen. So wurde in dem Langzeitprojekt »Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit« (Wilhelm Heitmeyer: Deutsche Zustände, Folgen 1 – 7, Frankfurt a. M. 2002 – 2008) festgestellt, dass Erwachsene (26 Jahre und älter) gegenüber neun von zehn Gruppen abwertender sind als junge Menschen (16 bis 25 Jahre). Berücksichtigt wurde bei dieser Untersuchung die Einstellung in Bezug auf Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus, Homophobie, Sexismus, Islamophobie, Etabliertenvorrechte, Abwertung von Langzeitarbeitslosen, Obdachlosen, Behinderten. Dass alle Programme gegen Rechtsextremismus auf Jugendliche ausgerichtet sind und nicht eines versuche, in die Erwachsenengesellschaft hinzuwirken, sei mit Blick auf dieses Ergebnis durchaus zu hinterfragen.

Gegenstrategien. Professor Hafeneger stellte in seinem Vortrag »Jugend – Rechtsextremismus – Jugendarbeit« jedoch auch unterschiedliche Strategien vor, wie mit Rechtsextremismus umgegangen wird. Wo rechtsextreme Personen und/oder Organisationen einmal Fuß gefasst hätten, reiche die Bandbreite der Reaktionen von Beschweigen oder Rausdrängen über Dechiffrieren bis hin zu vollkommener Verweigerung der Zusammenarbeit. Sinnvoll seien lokale Aktionspläne um rechtsextremen Strategien vernetzt gegenübertreten zu können. Gerade mit Blick auf die hauptsächlich durch Ehrenamtliche getragene Jugendverbandsarbeit warnte Hafeneger jedoch auch davor, das Ehrenamt zu überfrachten.
Nach dem Einführungsvortrag setzte sich die Diskussion über Strategien gegen Rechtsextremismus in Kleingruppen fort: »Rechten Parolen widersprechen lernen« (unter Leitung von Hatto ter Hazeborg), »Recht gegen Rechts« (Dirk Audörsch) und »Jugendverbände positionieren sich gegen Rechts« (Wolfgang Nacken) waren dabei die Themen. Wer sich nicht nur für die Ergebnisse der Kleingruppenarbeit interessiert oder es nicht am 26. September zum Fachtag geschafft hat, kann sich eine Dokumentation der Veranstaltung »Jugendverbände – aktiv gegen rechts« demnächst auf der Website des Landesjugendringes herunterladen (www.ljr-hh.de). Außer einer Zusammenfassung für alle Nicht-Dabeigewesenen soll diese Dokumentation auch Ausgangspunkt für weitere Diskussionen in den Jugendverbänden sein.