Landesjugendring Hamburg e.V.
Heft 3-2015, Rubrik Kommentar

Vorstandsarbeit, Hingabe und ein Vollzeitjob

Von Lucie Morgenbesser, LJR-Vorsitzende

Im November ist es wieder so weit : Der Landesjugendring wählt auf der kommenden Vollversammlung turnusgemäß einen neuen Vorstand. Dieses Ereignis wirft jetzt schon Fragen auf und bedarf einer guten Vorbereitung. Wer bleibt dabei und stellt sich wieder zur Wahl? Gibt es neue Kandidaten/ innen, die Lust und Zeit haben, sich der Herausforderung zu stellen? Und was steckt dahinter? Was macht der Vorstand des Landesjugendrings eigentlich? Ist dieses Ehrenamt vergleichbar mit der Vorstandstätigkeit im eigenen Jugendverband? Oder geht es darüber hinaus?

Außensicht. Ein Landesjugendring macht ja selbst keine verbandliche Jugendarbeit; er vertritt ja »nur« die gemeinsamen Interessen aller Jugendverbände gegenüber der Politik und den Behörden. Was soll da schon Großes dranhängen? Folglich zu behaupten, dass es sich beim Engagement im LJR »nur um eine monatliche Sitzung« handelt, ist jedoch untertrieben.

Innensicht. Die Arbeit im Vorstand des Landesjugendrings ist ein bunter Blumenstrauß. Voller neuer Herausforderungen im Vergleich zum Engagement im Jugendverband. Von der Positionierung zu jugend-, bildungs- und gesellschaftspolitischen Fragen über Gespräche mit Akteuren aus Politik und Verwaltung bis hin zu Personalfragen ist alles dabei – und diese Arbeit nimmt natürlich Zeit in Anspruch. Die Strukturen auf den politischen und administrativen Ebenen zu verstehen und zu durchdringen, ist dabei – gerade für »Neueinsteiger« – die größte Herausforderung. Denn es langt nicht, eine Position zu haben. Diese an der richtigen Stelle einzubringen und so für (verbandliche) Jugendinteressen Einfluss zu nehmen, ist der entscheidende Schritt, um jugendpolitisch voranzukommen. Alles in allem ist die LJR-Vorstandstätigkeit eine Aufgabe, die vielseitig ist, viele Fähigkeiten beansprucht – und auch schlummernde Talente weckt.

Abwägungen. Bei aller Leidenschaft für das Ehrenamt darf man aber eines nicht vergessen : Es ist ein Ehrenamt und eben nicht der Vollzeitjob, den viele ehrenamtliche Menschen auch zu bewältigen haben. Die Hingabe, sich für eine Sache einzusetzen und zu engagieren, geschieht freiwillig und in der Frei(en)Zeit. Und bei aller Hingabe gilt es, den Blick auf eigene Ressourcen und Verpflichtungen nicht zu verlieren. Die freie Zeit für sich selbst darf nicht hinten runter fallen, ebenso darf die Hingabe für das Ehrenamt nicht zur Belastung für den eigenen Berufsalltag werden. Und umgekehrt gilt für jeden Jugendverband, das »Paket« Vorstandstätigkeit attraktiv und machbar zu bündeln.

Gesellschaftliche Aufgabe. Für mehr Anerkennung des Ehrenamtes setzt sich der Landesjugendring schon seit einigen Jahren ein. Hier gibt es sicher noch viel Nachholbedarf. Auch wenn viele Ehrenamtliche sich nicht engagieren, damit sie Anerkennung erhalten – es geht vielmehr um konkrete Erleichterungen im (Arbeits-)Alltag, um Ehrenamt und Vollzeitjob unter einen Hut zu bringen. Wie wertvoll das Ehrenamt und ein freiwilliges Engagement sind, zeigen aktuell beispielsweise die vielseitigen Hilfen zur Aufnahme von Flüchtlingen, die Hamburger Bürgerinnen und Bürger aus Empathie leisten und als politisches Zeichen gegen rechte Ressentiments setzen. Folglich gilt es, bürgerschaftlichem Engagement auch den gesellschaftlichen Freiraum zu erhalten.

Wechsel. Auch der Landesjugendring ist im November darauf angewiesen, dass es wieder Freiwillige gibt, die sich für die Vorstandsarbeit interessieren. Es ist eine tolle Aufgabe, mal über den Tellerrand des eigenen Verbandes hinweg zu sehen und neue Erfahrungen zu sammeln. Ich habe viele interessante Menschen kennengelernt, tolle Gespräche geführt und die Möglichkeit gehabt, für Jugendinteressen an der richtigen Stelle zu streiten und vieles voranzubringen. Dies alles gehört auch zur Vorstandsarbeit des Landesjugendrings. Ich würde mich freuen, wenn sich die eine oder der andere für diese Arbeit begeistern lässt und sich zur Wahl stellt.

Für mich endet die Vorstandsarbeit nach zwei Jahren im November. Denn nun hat mein Vollzeitjob erst einmal Priorität; auch solche Entscheidungen sind manchmal zu treffen.