Landesjugendring Hamburg e.V.
Heft 3-2014, Rubrik Kommentar

Es geht auch um Anerkennung

Von Lucie Morgenbesser, LJR-Vorsitzende

Seit über zehn Jahren engagiere ich mich ehrenamtlich. Als ich mit 14 Jahren in meiner Kirchengemeinde anfing, Kindergruppen zu leiten, habe ich dies getan, weil ich Freude an der Arbeit mit Kindern hatte. Dass sich daraus eine »Karriere« als Ehrenamtliche im Jugendverband und schließlich im Landesjugendring entwickelte, hatte ich bei weitem nicht abgesehen.

Gesellschaftliche Anerkennung für ihre Leistungen steht bei Jugendlichen, die sich ehrenamtlich engagieren, nicht an erster Stelle. Gemeinsame Erlebnisse, Spaß und Freunde, Herausforderungen und Lernprozesse, politische oder religiöse Überzeugungen, Spiel und Sport – es gibt viele Motive für junge Menschen, um in einem Jugendverband aktiv zu sein. Der Übergang von bloßer Teilnahme an Verbandsaktionen zu verantwortlicher Teilhabe ist dabei fließend. Das Hineinwachsen in ein ehrenamtliches Engagement ist ein selbstverständlicher Prozess in der Selbstorganisation von Jugendverbänden. Die meisten Akteure nehmen diesen Übergang zunächst gar nicht als Schritt zu einer neuen Qualität ihrer Tätigkeit wahr. Verantwortung zu übernehmen, wie es die älteren Jugendlichen im Verband vorgelebt haben, ist normal, wenn man an ihre Stelle treten will. Vielleicht wird das Thema der gesellschaftlichen Anerkennung des Ehrenamtes deswegen in den Verbänden auch eher vernachlässigt. Es zählt die innerverbandliche Anerkennung – und nicht die von außen.
 
Dabei ist es keineswegs selbstverständlich, wenn junge Menschen neben Schule, Job oder Studium ihre Freizeit für ehrenamtliches Engagement nutzen. Daher springt hier der Landesjugendring in die Bresche: Bereits mit dem Vollversammlungsbeschluss im Sommer 2013 hat der LJR auf seine politische Agenda gesetzt, nicht allein für den Erhalt und für eine Neudefinition von Freiräumen in einer sich wandelnden Bildungslandschaft einzutreten – sondern auch für mehr gesellschaftliche Anerkennung des jugendlichen Ehrenamtes.

Ein erster Erfolg auf diesem Weg konnte nun mit dem gemeinsam mit der Schulbehörde entwickelten Zeugnisbeiblatt für ehrenamtliches Engagement von Schülern/ innen im Jugendverband erreicht werden (siehe auch S. 12). Die Ausstellung ist gekoppelt an individuelle Qualifizierungsmerkmale: Neben dem regelmäßigen Engagement hat der/die Aktive auch eine Ausbildung zum/r Jugendleiter/ in vorzuweisen. Der Besitz der Juleica belegt dies. Der Wert dieses Zeugnisbeiblattes liegt nicht allein in der Form einer »offiziellen«, schulischen Anerkennung des außerschulischen Engagements. Sein Nutzen kann sich für Schüler/ innen auch beim Start ins Berufsleben erweisen: Denn immer mehr Firmen achten im Bewerbungsverfahren neben den formalen Lernleistungen auch auf die informell erworbenen sozialen Kompetenzen junger Menschen.

Damit das Zeugnisbeiblatt für alle ein Erfolg wird, ist seine breite Nutzung zu wünschen. Es muss sich rumsprechen, dass es das Blatt gibt und welcher Nutzen damit verbunden ist. Der Landesjugendring wird die Einführung des Zeugnisbeiblattes zum Schulhalbjahr 2014/2015 mit Öffentlichkeitsarbeit intensiv begleiten.

Ich wünsche mir, dass wir noch mehr Dinge bewegen, um die Anerkennung ehrenamtlicher Tätigkeit weiter voranzutreiben. Die politische Agenda des LJRs ist noch nicht abgearbeitet. Das Zeugnisbeiblatt ist der Auftakt. Die Zusammenarbeit mit der Schulbehörde war konstruktiv und wegweisend. Im Unibereich müssen wir für junge Studierende Vergleichbares erreichen. Doch für beide Bereiche gilt: Genauso wichtig wie die Anerkennung ehrenamtlichen Engagements ist eine Neudefinition von Freiräumen für junge Menschen innerhalb der Bildungsinstitutionen. Ob in der Ganztagsschule oder im gestrafften Bachelor/ Master-Studium: Junge Menschen brauchen Zeit und Freiräume, sich jenseits der formalen Bildungsorte auszuprobieren. Und wenn dies im Jugendverband geschieht, ist der individuelle und gesellschaftliche Nutzen nicht fern.