Landesjugendring Hamburg e.V.
Heft 2-2010, Rubrik Nachrichten

Positionspapier: »Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in den Bezirken«

Die LJR-Vollversammlung bezieht Stellung zum Partizipationsparagraphen §33

Das Land Hamburg hat seinen Bezirken die Partizipation junger Menschen verordnet. Kinder und Jugendliche sollen da mitreden und mitbestimmen, wo ihre Interessen vor Ort und in ihrer Lebenswelt tangiert sind. Die Bezirksämter sind aufgefordert, geeignete Verfahren zu entwickeln. Grundlage hierfür ist der Paragraph 33 im Bezirksverwaltungsgesetz Hamburgs. Doch wie kann eine dauerhafte Partizipationskultur gelingen? Eine Form, die über bürgerschaftliche Kosmetik hinausgeht? Eine Form, die junge Menschen teilhaben lässt an kommunaler Selbstverwaltung?

Die Mitglieder des Landesjugendrings Hamburgs haben die Partizipationsfrage intensiv diskutiert. Auf der LJR-Vollversammlung am 8. Juni 2010 ist einstimmig nachfolgend dokumentiertes Positionspapier beschlossen worden. Die vollständige Version (samt Anhang) findet sich unter www.ljr-hh.de.



Das Positionspapier im Wortlaut:

Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in den Bezirken

Im Zuge der Umsetzung der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in den Bezirken (§ 33 des Bezirksverwaltungsgesetzes, § 8 SGB VIII) hat das Bezirksamt Folgendes zu berücksichtigen:

Das Bezirksamt identifiziert Planungen und Vorhaben, die die Interessen von Kindern und Jugendlichen berühren. Dazu zählen insbesondere die in § 8 (2) AG SGB VIII genannten Bereiche Verkehrsplanung und Verkehrsregelung, Stadtentwicklung und Stadterneuerung, der Planung von Grün- und Spielflächen, Sportanlagen und Wohnungsbauplanung.

Das Bezirksamt informiert in geeigneter Art und Weise die potenziell betroffenen Kinder und Jugendlichen über die identifizierten Planungen und Vorhaben. Zusätzlich sind regelhaft die Öffentlichkeit, der Jugendhilfeausschuss sowie die AG § 78 zu informieren.

In aktuellen bzw. laufenden Prozessen der Entwicklung von Konzepten
• ist sicherzustellen, dass Träger der Kinder- und Jugendarbeit / Jugendverbandsarbeit regelhaft und gleichberechtigt eingebunden werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ihre Struktur auch auf Ehrenamtlichkeit basiert,
• sind unter Beteiligung der vorgenannten Akteure gemeinsam Vorschläge für »geeignete Verfahren« zu entwickeln, die standardmäßig einen vorläufigen Charakter haben, d. h. von den zu beteiligenden Kindern und Jugendlichen stets wieder veränderbar sind,
• sind bereits interessierte Kinder und Jugendliche weitestgehend einzubeziehen,
• ist eine enge Abstimmung und Verzahnung mit der Weiterentwicklung der regionalen Bildungskonferenzen vorzusehen.

In der Phase der Erprobung von Beteiligungsverfahren
• sind weitere Bereiche zu identifizieren und gemeinsam festzulegen, die Interessen von Kindern und Jugendliche berühren,
• ist sicherzustellen, dass Entscheidungen der beteiligten Kinder und Jugendlichen weitestgehend bindend und nachhaltig sind,
• müssen Kinder und Jugendliche durch geeignete Maßnahmen in die Lage versetzt werden, Kompetenzen zu erwerben, die sie zur Teilnahme an den zu erprobenden Verfahren befähigen,
• sind Zugänge zu den gewählten Verfahren niedrigschwellig zu gestalten,
• müssen bei Kindern und Jugendlichen üblicherweise vorhandene Voraussetzungen, Möglichkeiten und Grenzen (Ablauf des Alltags, Freizeitbedarf, Fahrtwege, ...) angemessen berücksichtigt und ggf. vorhandene Zugangserschwernisse abgefedert werden (Fahrtkostenerstattung, Freistellung),
• muss eine Ansprache der Kinder und Jugendlichen zielgruppenadäquat, d. h. ggf. mehrgleisig erfolgen, und insbesondere von gesellschaftlicher Benachteiligung betroffene Kinder und Jugendliche einbeziehen,
• sind alle Schritte des Verfahrens öffentlich und transparent zu gestalten und nachvollziehbar zu dokumentieren,
• muss eine Evaluierung der erprobten Verfahren unter Beteiligung und Berücksichtigung von Kindern und Jugendlichen erfolgen.

Darüber hinaus setzt sich das Bezirksamt dafür ein, dass
• in Abstimmung mit den anderen Bezirksämtern hamburgweit gleiche Standards für die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen gelten,
• die gewählten Verfahren regelhaft unter Beteiligung und Berücksichtigung von Kindern und Jugendlichen evaluiert werden,
• betroffene Kinder und Jugendliche grundsätzlich das Recht besitzen, in allen Gremien und Ausschüssen gehört zu werden,
• sind Fortbildungsangebote für alle Mitarbeiter/innen der Verwaltung zu schaffen und Fortbildungen zum Erwerb von Beteiligungskompetenzen obligatorisch,
• ist mindestens eine überbezirklich wirkende Qualitätsentwicklungsstelle einzurichten, die folgende Funktionen in der Ausführung der Beteiligungsrechte übernimmt:
• Beschwerdestelle für Kinder, Jugendliche und ihre Interessenvertretungen in Fällen der Verletzung der Beteiligungsrechte,
• Entwicklung und Vorhaltung geeigneter Fortbildungsangebote für Mitarbeitende in der Verwaltung und Multiplikator/innen für Kinder und Jugendliche,
• Aufbau und Unterstützung des landesweiten Netzwerkes zur Kinder- und Jugendpartizipation.