Landesjugendring Hamburg e.V.
Heft 3-2010, Rubrik Kommentar

Politikpartner gesucht ...

Ein weites Feld. Viele Themen werden im Laufe eines Jahres an den Landesjugendring herangetragen. Viele kleine und einige große. Das Spektrum reicht von dem Konzept der »Bürger-Agenturen« bis hin zum Schutz von Kindern vor sexualisierter Gewalt. Und immer werden dabei Partner für oftmals sehr spezielle politische, soziale oder allgemein gesellschaftliche Aktionen gesucht. Keine Frage: Die meisten dieser Anfragen sind interessant, verdienten eingehend behandelt und zumal aus dem Blickwinkel unser gesellschaftspolitischen Themenanwaltschaft für Jugend und Jugendverbandsarbeit kritisch begleitet zu werden. Doch die Gefahr besteht, sich bei der Vielzahl der Themen und politischen Aktionsanfragen zu verzetteln. Wir müssen unsere Kräfte bündeln. Schließlich arbeitet der LJR-Vorstand ehrenamtlich.

Folglich müssen wir sehr genau wählen, auf welchen Politikfeldern wir uns zu Worte melden. Nur durch ein profiliertes Auftreten verschaffen wir Gehör für unsere Anliegen in der (fach-)politischen Öffentlichkeit. Im Entscheidungsprozess darüber, welche Themenanfragen wir offensiv angehen wollen, greifen wir daher auf jugendpolitische Koordinaten zurück, die das Aktionsfeld des Landesjugendrings auf dem Gebiet der Jugendverbandsarbeit markieren. Sie lauten: Partizipation, Integration und Bildung. Dieses begriffliche Trio umreißt trefflich unsere jugendpolitische Themenanwaltschaft – eingebettet in dem Eintreten für ehrenamtliches Engagement in einer sozialen und demokratischen Gesellschaftsentwicklung.

Doch nun einmal konkret. Eine kürzlich eingetroffene Anfrage lautet, ob der Landesjugendring dem »Pakt für Prävention – Gemeinsam für ein gesundes Hamburg!« beitreten möchte. Wie hilft dabei unser Koordinatensystem?

Zunächst zur inhaltlichen Seite der Gesundheitsoffensive: Der Pakt hat das Ziel, viele gesundheitsfördernde Maßnahmen der unterschiedlichen Organisationen (z.B.: Krankenkassen, Betriebe, Stadtteilvereine, Behörden, Schulen, Kindertagesstätten, freie Träger und andere Organisationen und Einrichtungen) auf einander abzustimmen, zu bündeln und zu koordinieren. Durch eine konzentrierte Aktion möglichst vieler Akteure auf ihren jeweiligen Feldern könnte viel erreicht werden. Die Entwicklung erstreckt sich über drei Jahre und ist in folgende Teilabschnitte unterteilt: Gesund aufwachsen in Hamburg (2010) | Gesund alt werden in Hamburg (2011) | Gesund leben und arbeiten in Hamburg (ab 2012).

Präventive Handlungsfelder und Ziele sollen in Zielkonferenzen entwickelt und verabschiedet werden. In den genannten drei Bereichen sollen folgende Themen inhaltlich abgedeckt werden: gesundheitsfördernde Bewegung | gesunde Ernährung | psychosoziales Wohlbefinden. Eine ganzheitliche Behandlung der Themen sei wünschenswert.

Vor der politischen Entscheidung über eine Teilhabe an der Aktion steht für mich zunächst die Frage, was wir bereits auf diesem Feld für ein gesünderes Leben tun und was wir – mit einfachen Mitteln – noch leisten könnten.
• Gesundheitsfördernde Bewegung ist gewiss nicht allein Programm der Sportjugend, sondern in Teilen auch in anderen Jugendverbänden integriert. Hier wäre einmal herauszuarbeiten, welche Ansatzpunkte es bereits gibt und welche es verdienten, besser herausgestellt zu werden.
• Die Forderung nach einer »gesunden Ernährung« bietet dagegen viel Raum für eine (leichte?) Veränderung. Habt Ihr schon mal festgestellt, was bei einer durchschnittlichen Zusammenkunft so alles auf dem Tisch steht? Cola, gezuckerte Säfte, Kekse, Kuchen, Schokoriegel, Weißbrot-Brötchen, Fast-Fingerfood und vieles mehr. Sicher achten bei den Ferienfahrten der Jugendverbände viele unserer Köche auf eine ausgewogenere und gesündere Ernährung. Aber bei den zahlreichen Sitzungen der Multiplikatoren und Verantwortlichen könnte ein gesünderes »Tischfutter« jedoch viel bewirken. Die Losung lautet: Obst anstelle von Süßigkeiten und regionales Gemüse statt Knabberzeug.
• Die dritte Forderung nach „psycho-sozialem Wohlbefinden“ stellt wiederum eine Anforderung an uns alle da. Dieses Ziel ist am besten in folgender Aussage getroffen:
»Um ein umfassendes körperliches, seelisches und soziales Wohlbefinden zu erlangen, ist es notwendig, dass sowohl einzelne als auch Gruppen ihre Bedürfnisse befriedigen, ihre Wünsche und Hoffnungen wahrnehmen und verwirklichen sowie ihre Umwelt meistern bzw. verändern können.« (Auszug aus der »Ottawa-Charta« der UN zur Gesundheitsförderung von 1986) Diese Aussage der Vereinten Nationen liest sich – freilich in anderen Worten – wie die Grundidee unserer verbandlichen Jugendarbeit. Folglich wäre für uns an dieser Stelle ein programmatischer Anknüpfungspunkt in der »Paktfrage«.

Zurück zur Ausgangsfrage. Wie sollte sich nun der Landesjugendring zur Frage einer Teilhabe am »Pakt für Prävention – Gemeinsam für ein gesundes Hamburg!« stellen? Die kurze Übersicht ergibt Anknüfungspunkte, Veränderungsmöglichkeiten und Aufklärungsbedarf in unseren Reihen. Insgesamt ist die Gesundheitsförderung von jungen Menschen ein Querschnittsthema, das auch die Jugendverbandsarbeit angeht. Dieses wurde bereits im 13. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung herausgestellt und programmatisch behandelt in dem Abschnitt über »Mehr Chancen für gesundes Aufwachsen – Empfehlungen für den Beitrag der Kinder- und Jugendhilfe zu gesundheitsbezogener Prävention und Gesundheitsförderung«. Ich sehe folglich die Notwendigkeit, dass wir als Landesjugendring zunächst an die Aufklärungsarbeit gehen. Gesundheitsförderung ist als Querschnittsaufgabe in den Köpfen zu verankern, damit aus den vielen, schon bestehenden Ansätzen in der verbandlichen Jugendarbeit eine übergreifende Orientierung pro Gesundheitsbewusstsein werden kann. Vor diesem Hintergrund wird dann auch die Frage der Teilhabe an dem »Pakt für Prävention« beantwortbar werden.


Knut Kilgus, LJR-Vorsitzender