Landesjugendring Hamburg e.V.
Heft 3-2022, Rubrik Titelthema

Ein Plan für eine lebenswerte Zukunft

Hamburg fördert bis 2030 rund 100 Maßnahmen der Bildung für nachhaltige Entwicklung

Von Melissa Weyrich, Hamburger Klimaschutzstiftung

Wie würde die Welt aussehen, wenn jede*r von uns bereits von Kindesbeinen an mehr über nachhaltige Entwicklung gelernt und sie selbst erlebt hätte? Die Stadt Hamburg möchte dies mit der Strategie des Hamburger Masterplan BNE 2030 herausfinden und zur Realität machen: Dieser dreht sich rund um Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE), die mithilfe von rund 100 Maßnahmen bis 2030 strukturell in der Bildungslandschaft Hamburgs verankert werden soll. Aber was genau bedeutet Bildung für nachhaltige Entwicklung?

Bildung für nachhaltige Entwicklung – zukunftsfähig Leben durch Lernen
Zum Grundbegriff der Bildung gehört mehr als Wissen: Sie gibt uns Werkzeuge mit, wie wir uns in der Welt, uns selbst und anderen gegenüber verhalten und stärkt hierfür Kompetenzen und Haltungen. Sie meint sowohl den Prozess als auch das Ergebnis.
 [1]

Speziell Bildung für nachhaltige Entwicklung umfasst dabei ein breites Portfolio an Fähigkeiten, Perspektiven und Methoden für lebenslanges Lernen und autonomes Handeln:
• Kooperationen aufbauen und gesellschaftliche Partizipationsmöglichkeiten als aktive Teilhabe nutzen
• komplexe Zusammenhänge und Risiken verstehen, um das eigene Handeln global zu betrachten
• verschiedene Perspektiven einbeziehen
• überlegte Entscheidungen im Alltag treffen.

In dieser ganzheitlichen sowie transformativen Bildung sollte das Lernen interaktiv gestaltet werden, für ein forschendes und aktionsorientiertes Begreifen, und auch die Lernumgebung miteinbeziehend.

Als zentraler Gedanke gilt: Wie wollen wir in Zukunft zusammen leben?
Bildung für nachhaltige Entwicklung lässt sich also damit zusammenfassen, Menschen zu transformativem Denken und zukunftsfähigem Handeln zu befähigen. [2] Damit ermöglicht sie jedem Individuum, die Auswirkungen des eigenen Tuns auf den Lebensraum Erde und seine begrenzten Ressourcen, dessen Gemeinschaft und sich selbst zu verstehen, und Entscheidungen nachhaltig und verantwortungsvoll zu treffen. Zu den Zielen der BNE gehört, Menschen zu bilden, um ein dauerhaft funktionierendes Ökosystem als Grundlage zu schaffen, in dem Frieden herrscht und ein würdiges Leben ermöglicht wird. Um diese Voraussetzungen weltweit und dauerhaft zu schaffen, das heißt ebenso für Menschen an anderen Orten und für zukünftige Generationen, bedarf es einer Änderung von Verhaltensmustern. Der Parameter der Information reicht für die Veränderung in der Praxis nicht aus – über globale Zusammenhänge und die eigene Rolle darin informiert zu sein, bedeutet noch nicht, nach dieser zu handeln.

Das Erleben und Tun ist demnach für die Umsetzung von Bildung für nachhaltige Entwicklung elementar: »Zu lernen, wie wir leben, und zu leben, was wir lernen« [3] verkörpert sowohl Herangehensweise als auch Ziel der BNE.

Nachhaltige Entwicklung mit Plan: Hamburger Masterplan BNE 2030
Wie die zahlreichen Krisen der Gesellschaft, Ökonomie und Ökologie klar sichtbar machen, besteht großer Bedarf daran, Bildung für nachhaltige Entwicklung als gemeinsame Basis für eine lebenswerte Zukunft zu stärken. Trotz dieses essenziellen Stellenwerts und seiner wachsenden Bedeutung findet sie im Alltag der breiten Bevölkerung derzeit wenig bis keine Beachtung, da eine strukturelle Einbindung für jede Altersklasse bisher fehlt. Die Etablierung von Bildung für nachhaltige Entwicklung kann u.a. durch ihren Einsatz und die Nutzung unterschiedlicher Herangehensweisen im Schulunterricht des deutschen Bildungssystems für eine umfassende Verbreitung und Vermittlung sorgen. Gesellschaftliche Teilhabe wird so auch in der nachhaltigen Entwicklung gefördert.

Die Stadt Hamburg schreitet daher mit dem 2016 durch den Senat beschlossenen Hamburger Masterplan BNE 2030 voran: Der Maßnahmenkatalog enthält rund 100 Maßnahmen für sechs Bildungsbereiche, um BNE in der Hamburger Bildungslandschaft strukturell und dauerhaft zu verankern. Diese Maßnahmen werden durch eine eigene Koordinierungsstelle zur Förderung ausgeschrieben, sodass die Umsetzung durch Hamburger Träger*innen, Nichtregierungsorganisationen und Bürger*innen stattfinden kann. In diesem Jahr werden somit elf Maßnahmen in allen Bildungsbereichen mit einer Fördersumme von 540.000 Euro durchgeführt.

Der Masterplan ist dabei als ein Gemeinschaftsprojekt vieler Köpfe entstanden: Vor allem das Engagement Ehrenamtlicher hat die Erarbeitung vorangetragen. Für eine fachgerechte und praxisnahe Zusammensetzung der Maßnahmen haben sich auf diese Weise diverse Mitglieder der sechs Bildungsforen mit ihren Fachkompetenzen beteiligt. Dank frühkindlicher, schulischer, außerschulischer und beruflicher Foren sowie jenen der Hochschule und Bezirke, bestehend aus Behörden, Hamburger Bürger*innen und Fachleuten der BNE, hat sich der Masterplan entwickelt. Weiterhin wurde der Masterplan durch die Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft initiiert und gefördert, während sich die Koordinierungsstelle des Masterplans unter dem Dach der Hamburger Klimaschutzstiftung für Bildung und Nachhaltigkeit wiederfindet.

Die Ursprünge dieses übergreifenden, partizipativen Prozesses zur Entwicklung des Masterplans gehen auf eine hohe Einsatzbereitschaft für BNE in den vorhergehenden Jahren zurück.

Von den Vereinten Nationen bis zum Hamburger Senat – die Entstehung des Masterplans
Rund 100 konkrete Maßnahmen für ganz Hamburg, die geplant über fast zehn Jahre hinweg umgesetzt werden, sind nicht von heute auf morgen entstanden: BNE wurde und wird in Hamburg stark gefördert und steht somit auf einem breiten Fundament aus UN-Dekade, Weltaktionsprogramm und Nationalem Aktionsplan.

UN-Dekade und Weltaktionsprogramm Bildung für nachhaltige Entwicklung
Weltweiten Antrieb und eine höhere Bedeutung bekamen BNE-Aktivitäten zunächst vor allem durch die Vereinten Nationen, welche die UNESCO mit der der UN-Dekade »Bildung für nachhaltige Entwicklung«, im Zeitraum 2005 bis 2014, beauftragten. Auf der UNESCO-Weltkonferenz Bildung für nachhaltige Entwicklung im japanischen Aichi-Nagoya im November 2014 wurde das fünfjährige »Weltaktionsprogramm Bildung für nachhaltige Entwicklung« mit Vertreter*innen von 150 Nationen eingeführt und von 2015 bis 2019 umgesetzt. Dieses zielte darauf ab, BNE als ganzheitliches Bildungskonzept in formalen, z.B. universitären, als auch non-formalen, bspw. außerschulischen, Bildungsbereichen zu vermitteln und diese in den Strukturen langfristig zu festigen. Im Vordergrund stand die (Neu-)Orientierung am Leitbild der nachhaltigen Entwicklung und des Leitmotivs »vom Projekt zur Struktur«, um von vielen einzeln koordinierten Aktionen zu anhaltenden Systemveränderungen zu gelangen. Die UNESCO selbst hat als Kernhandlungsfelder des Weltaktionsprogramms folgende Aspekte identifiziert: [4]
• Politische Unterstützung
• Ganzheitliche Transformation von Lern- und Lehrumgebungen
• Kompetenzentwicklung bei Lehrenden und Multiplikator*innen
• Stärkung und Mobilisierung der Jugend
• Förderung von nachhaltiger Entwicklung auf lokaler Ebene

BNE in Deutschland: Nationaler Aktionsplan Bildung für nachhaltige Entwicklung
2015 bildete sich durch das Weltaktionsprogramm bereits die Organisationsform der Arbeitsgruppen heraus, die die Inhalte für die Umsetzung des Programms auf bundesdeutscher Ebene ausschlaggebend erarbeitet haben. Deren Ergebnisse, darunter knapp 350 Handlungsempfehlungen, wurden im Nationalen Aktionsplan festgehalten. Über die letztendlichen Maßnahmen dieses Plans hat die Nationale Plattform BNE, bestehend aus Akteur*innen der Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, entschieden. Zudem wurden über 80 internationale Schlüsselpartner*innen in eigenen Partnernetzwerken eingesetzt, zu denen auch die Stadt Hamburg im UNESCO-Netzwerk »Accelerating Sustainable Solutions at Local Level« gehörte.

Von der Ursprungsidee durch das Weltaktionsprogramm über die Ausarbeitung im Nationalen Aktionsplan beschloss nun der Hamburger Senat 2016 auf der städtischen Stufe die Entwicklung und Realisierung eines Aktionsplans BNE für Hamburg. Im gleichen Zug betraute er die Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) mit dem Auftrag der Umsetzung. Im nächsten Schritt fand 2016 ein Austausch zu den möglichen Strukturen des Masterplans statt und die Inhalte des Nationalen Aktionsplans wurden zwecks ihrer Übertragbarkeit auf Hamburg überprüft. Nachdem die Entwürfe der Arbeitsgruppen zu Handlungsfeldern und Zielen 2017 der Öffentlichkeit vorgestellt wurden, entwickelten diese im selben Jahr Maßnahmenvorschläge. Diese stimmten sie mit den zuständigen Behörden, der Initiative Hamburg lernt Nachhaltigkeit (HLN) und den jeweiligen BNE-Akteur*innen sowie Träger*innen ab und präsentierten sie im Rahmen der jährlichen Konferenz zum Weltaktionsprogramm. Diese Vorschläge resultierten 2018 in rund 100 Maßnahmen des Masterplans. In ihren Formulierungen sind teils konkrete Forderungen zu finden, teils Empfehlungen, für eine passende und autonome Implementierung im jeweiligen Bildungsbereich und seinen Institutionen.

Der Hamburger Masterplan BNE 2030 ist in dieser Form der Beitrag Hamburgs zur Verwirklichung des Weltaktionsprogramms BNE der UNESCO und v.a. in seiner Umsetzung Beitrag in der Weiterführung des Programms durch die Dekade »Education for Sustainable Development: Towards achieving the SDGs (ESD for 2030)«, die 2020 begann. Die angesprochenen SDGs, Sustainable Development Goals, umfassen anhaltende Nachhaltigkeitsziele und bilden somit wichtige Pfeiler in den globalen Bemühungen um nachhaltige Entwicklung.

17 Nachhaltigkeitsziele für eine bessere Welt: die Sustainable Development Goals
Parallel zum Start des Weltaktionsprogramms wurden im Jahr 2015 die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen in New York verabschiedet. Angestrebt werden darin seitdem bspw. sauberes Wasser, Geschlechtergleichheit und nachhaltige Städte und Kommunen. Für das Weltaktionsprogramm und den in der Folge entstandenen Masterplan steht jedoch Ziel 4 und damit hochwertige Bildung an erster Stelle – diese ist als Voraussetzung für die Erreichung vieler Nachhaltigkeitsziele konstitutiv. Der aktuelle Weltbildungsbericht der UNESCO verdeutlicht in mehrfachen Zusammenhängen die Basisfunktion von Bildung für die Erreichung der 17 nachhaltigen Entwicklungsziele. [5]

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

SDG-Ziel 4.0 Chancengerechte und hochwertige Bildung

»Für alle Menschen inklusive, chancengerechte und hochwertige Bildung sowie Möglichkeiten zum lebenslangen Lernen sicherstellen. Bildung stattet Lernende aller Altersgruppen mit den notwendigen Fähigkeiten und Werten aus, um verantwortliche Weltbürger zu sein. Dazu zählen die Achtung der Menschenrechte, der Gleichberechtigung der Geschlechter und der ökologischen Nachhaltigkeit. Investitionen in Bildung und die Stärkung des Bildungssektors sind der Schlüssel zur Entwicklung eines Landes und seiner Menschen.«

Im besonderen Fokus stand für das Weltaktionsprogramm Bildung für nachhaltige Entwicklung der UNESCO (2015–2019) die Realisierung des Unterziels 4.7 der Sustainable Development Goals:

SDG-Unterziel 4.7.: »Bis 2030 sicherstellen, dass alle Lernenden die für nachhaltige Entwicklung notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten erwerben, u.a. durch Bildung für nachhaltige Entwicklung, für eine nachhaltige Lebensweise, für Menschenrechte, für Gleichberechtigung der Geschlechter, durch Förderung einer Kultur des Friedens und der Gewaltfreiheit, durch Global Citizenship Education und Wertschätzung kultureller Vielfalt und durch den Beitrag der Kultur zu nachhaltiger Entwicklung.«

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

UNESCO-Programme wie der Nationale Aktionsplan wurden durch die hohe Partizipation der Zivilbevölkerung bereits mit BNE-Methoden entwickelt und durch die Begleitung der Arbeitsgruppen bei den Programmumsetzungen implementiert. Weiterhin zeigt die Umsetzungsstruktur des Hamburger Masterplan BNE 2030 die Einsatzmöglichkeiten von Bildung für nachhaltige Entwicklung im Masterplanprozess. So wurden Wissen und Erfahrung der in der Bildung für nachhaltige Entwicklung Aktiven in diesen eingebunden, um die Maßnahmen an den realen Bedürfnissen und Anforderungen der BNE-Arbeit auszurichten. Dafür wurden die Hamburger BNE-Akteur*innen im Vorhinein über verschiedene Netzwerke zur Mitarbeit in den Arbeitsgruppen aufgerufen. Insgesamt haben sich in den Arbeitsgruppen, später in (Bildungs-)Foren umbenannt, mehr als 100 Akteur*innen aus über 70 Institutionen der Hamburger BNE-Landschaft an der Entstehung des Masterplans beteiligt.

Ein Masterplan, viele Köpfe: So funktioniert die Umsetzung
Die Realisierung des Masterplans setzt sich im Überblick aus verschiedenen Komponenten zusammen, die unterschiedliche Aufgaben übernehmen:

Initiative »Hamburg lernt Nachhaltigkeit« (HLN)
Als Dachorganisation dient die Initiative »Hamburg lernt Nachhaltigkeit« (HLN), deren Geschäftsstelle in der Behörde für Umwelt, Klima und Energie (BUKEA) angesiedelt ist, und die Zuständigkeit für diverse weitere Pläne und Projekte im Bereich der nachhaltigen Entwicklung übernimmt. Seit 2005 setzt sich die Initiative für Projekte im Bereich Bildung und Nachhaltigkeit ein. Sie überblickt den Gesamtprozess des Masterplans und übernimmt die richtungsgebende Steuerungsfunktion, sowohl in seiner Implementierung als auch in seiner Weiterentwicklung. HLN knüpft durch die enge Kooperation mit sämtlichen Akteur*innen zusammen mit der Koordinierungsstelle ein enges Netz für den Masterplan. Die Initiative erstattet zudem der BUKEA Bericht und bildet einen Zusammenschluss aus BNE-Akteur*innen der Hamburger Zivilgesellschaft und Vertreter*innen mehrerer Hamburger Behörden.

2. Koordinierungsstelle Hamburger Masterplan BNE 2030
Die Koordinierungsstelle des Hamburger Masterplan BNE 2030 mit Sitz in der Hamburger Klimaschutzstiftung (HKS) koordiniert und begleitet die Implementierung der im Masterplan enthaltenen Maßnahmen. Als zentrale Anlaufstelle steht sie für die Foren, Steuerungsgruppe, Bewerber*innen aus dem BNE-Bereich für die Maßnahmenrealisierung als auch für die wissenschaftliche Begleitung bereit und ist für Fragen und Angelegenheiten der Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Sie hat eine übergreifende Funktion, repräsentiert und unterstützt die hamburgischen Aktivitäten zur Verwirklichung des Masterplans und soll die Akzeptanz durch die beteiligten und ausführenden Stellen stärken.

Ihre Aufgabe beinhaltet u.a. Monitoring und Berichterstattung zur Realisierung des Masterplans, Koordinierung der einzelnen Bewerbungsschritte und Ausschreibungsverfahren, die zentrale Verwaltung der Fördermittelvergabe, und die Vernetzung von Akteur*innen der diversen Bildungsbereiche, übergeordneten Organisationen und der Verwaltung. Auch die Sichtbarkeit des Masterplans soll gestärkt sowie Bildung für nachhaltige Entwicklung in Hamburg bekannt und verständlich gemacht werden.

3. (Bildungs-)Foren
Die Foren der sechs Bildungsbereiche, die sich zivilgesellschaftlich und behördlich zusammensetzen, haben die Inhalte des Masterplans erstellt und sind nun an der Gestaltung der Umsetzung in Abstimmung mit der Koordinierungsstelle beteiligt. Diese begleiten mit ihren Fachkompetenzen die Implementierung im jeweiligen Bildungsbereich sowie in den Bezirken und können Vorschläge zur Anpassung bestehender sowie neuer Maßnahmen an die Steuerungsgruppe weitergeben. Einzelne Arbeitsgruppen wurden an die Hamburger Gegebenheiten angepasst: »Non-formales und informelles Lernen/Jugend« des Nationalen Aktionsplans wurde im Masterplan zu »außerschulischer Bildung« zusammengefasst und der Bereich »Kommunen« entsprechend der lokalen Stufe zu »Bezirken« umbenannt.

Die Leitungen der sechs Foren bestehen aus Doppelspitzen: Einem bzw. einer Mitarbeitenden der Behörde und einer Person aus zivilgesellschaftlichem Kontext mit jeweils gleichberechtigten Stimmen. Die behördlichen Forenleitungen stammen aus den fachlich zugehörigen Behörden:
• Frühkindliche Bildung: Sozialbehörde
• Schule: Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB)
• Berufliche Bildung: Hamburger Institut für berufliche Bildung (HIBB)
• Hochschule: Behörde für Wissenschaft, Forschung, Gleichstellung und Bezirke (BWFGB)
• Außerschulische Bildung: Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA)
• Bezirke: Bezirksverwaltung

Die zivilgesellschaftliche Leitung wird durch die Mitglieder des jeweiligen Forums gewählt. In den Foren können Mitglieder aller Gesellschaftsbereiche aktiv mitwirken, wobei zivilgesellschaftliche Mitarbeit ehrenamtlich stattfindet.

4. Steuerungsgruppe
Die Steuerungsgruppe besteht aus Mitgliedern der Hamburger Behörden und den Forenvertreter*innen der Zivilgesellschaft. Sie bestimmt die Steuerung der gesamten Masterplanumsetzung inhaltlich. Damit entscheidet sie über Ausschreibungen der Maßnahmen sowie deren finanzielle Förderung und über inhaltliche oder strukturelle Änderungen des Masterplans.

Die Mitglieder der Hamburger Behörden und der Zivilgesellschaft werden weiterhin ergänzt durch die Geschäftsführung der Geschäftsstelle HLN, einer BNE-Koordination Schule, einem Mitglied der Senatskanzlei und der Landeszentrale für Politische Bildung. Des Weiteren ist die Beteiligung der Hamburger Jugendgremien mit jeweils einem Mitglied vorgesehen. Vertreter*innen der wissenschaftlichen Begleitung und der Koordinierungsstelle nehmen ebenso regelmäßig an den Sitzungen der Steuerungsgruppe teil.

5. Wissenschaftliche Begleitung
Die wissenschaftliche Begleitung des Masterplans soll diesen in seinem Gesamtvorgang, also in seinen Auswirkungen, seiner Qualität und Wirksamkeit auf die Hamburger Bildungsbereiche, evaluieren und beratend tätig sein. Sie soll zur Prozessberatung für HLN und Koordinierungsstelle sowie zur Evaluation der Maßnahmenumsetzung, analog des Prozesses auf Bundesebene, eingebunden werden, um ein durchgehendes Monitoring des Verfahrens zu gewährleisten. Die Ergebnisse werden mindestens einmal jährlich an die Öffentlichkeit berichtet.

100 Maßnahmen
Das Herz des Hamburger Masterplan BNE 2030 bilden die rund 100 Maßnahmen zur aktiven, strukturellen Verankerung von BNE in den Bildungsbereichen. Diese werden voraussichtlich aufgrund des langen Zeitraums bis 2030 zwischenzeitlich an geänderte Umstände und Entwicklungen angepasst. Anregungen hierfür können ü  ber die Foren und ihre Leitungen zur Koordinierungsstelle hin zur Steuerungsgruppe geschehen oder auch durch die wissenschaftliche Begleitung.

Vergabe der Fördermittel zur Maßnahmenumsetzung
Die Maßnahmen des Masterplans werden in Ausschreibungen veröffentlicht, die zuvor durch die Foren und Koordinierungsstelle konkretisiert wurden. Daraufhin können Institutionen, Organisationen und Selbstständige aus Hamburg, wenn gewisse Fördervoraussetzungen erfüllt sind, ihr Interesse bekunden, eine oder mehrere Maßnahmen finanziell gefördert umzusetzen. Konkrete Vorschläge für die Verwirklichung der Vorhaben werden bei der Koordinierungsstelle eingereicht. Diese sichtet und prüft die Projektskizzen und legt sie der Steuerungsgruppe, also dem Vergabegremium, zur Entscheidung vor.

Die weitere Koordination der Bewerbungen und Abstimmungen mit den potenziellen und letztendlichen Maßnahmenträger*innen erfolgt über die Koordinierungsstelle. Diese berichtet über die Mittelverwendung der Maßnahmenumsetzungen an die Geschäftsstelle HLN, also damit auch an die BUKEA, und diese wiederum an die Steuerungsgruppe. Sollten im fortschreitenden Prozess des Masterplans weitere Maßnahmen entwickelt werden, können auch diese anhand der vorgesehenen Mittel gefördert werden.

BNE konkret – Maßnahmen in der Praxis
Die erste Förderrunde des Masterplans 2022 geht derzeit mit elf Maßnahmen in allen Bildungsbereichen in die Umsetzung. Darunter befinden sich z.B. ein persönliches BNE-Coaching in Hamburger Kindertagesstätten, die Konzeption von Lernmodulen für pädagogische Fachschulen oder die Realisierung von Informations- und Beteiligungsformaten in den Hamburger Bezirken.

BNE-Coaching – persönlich und vor Ort
Die Vor-Ort-Coachings sollen dabei Erzieher*innen in Kitas mit praktischen Anregungen und Beispielen die Einbeziehung von BNE in den Kita-Alltag erleichtern. Abschließend wird u.a. eine Auswertung mit Empfehlungen für die Erzieher*innen erstellt und durch Multiplikator*innen weitergetragen. Hierfür wurden zwei Maßnahmenträger*innen mit pädagogischen und prozessberatenden Hintergründen, sowie Erfahrung zu BNE in der Kita beauftragt.

Als Maßnahmenträger*innen nutzen eine Prozessbegleiterin und eine Erzieherin ihre praktischen Erfahrungen mit einem systemischen und partizipativen Ansatz, um jeweils eine Fachkraft in zehn teilnehmenden Kitas zwei Stunden in ihrem Alltag zu begleiten. Darin werden bestehende Bezüge zu BNE identifiziert und Impulse zur alltagsintegrierten Bildung für nachhaltige Entwicklung gegeben. Für eine breitere Wirkung im gesamten Kollegium folgt eine zweistündige Teamsitzung. In dieser geben die Prozessbegleiterin und die Erzieherin theoretischen Input und praktische Impulse zu BNE im Kitaalltag und entwickeln zusammen mit den Tagesstätten konkrete und einfach umsetzbare Maßnahmen.

Eine weitere Institution setzt diese Maßnahme um und fokussiert bei seiner Realisierung des BNE-Coachings eine sozial- und umweltverträgliche Beschaffung. Ziele sind u.a. BNE-Anteile in der laufenden Arbeit der Kitamitarbeitenden sowie spielerische Bildungsanlässe aufzuzeigen und die Umstellung der Beschaffung in den Kitaalltag zu integrieren. Dafür entwickeln eine Referentin für Bildung für nachhaltige Entwicklung und eine Referentin für fairen Handel ein gemeinsames Coaching und integrieren dieses in zehn Kitas. Von diesen Betreuungseinrichtungen haben mindestens fünf ein besonderes Schwerpunktthema wie Inklusion oder Sprachentwicklung und sind Teil mindestens drei verschiedener Trägerschaften.

Konzeptionierung von Lernmodulen für pädagogische Fachschulen – BNE in der Ausbildung
Die Maßnahme zur Implementierung von Lernmodulen der BNE an pädagogischen Fachschulen soll die gesamte Ausbildung bzw. das Studium durchziehen. Träger*innen und Kooperationspartner*innen, die sich aktiv an der Umsetzung des Masterplans beteiligen, werden inhaltlich einbezogen.

Hierfür entwirft eine Stiftung mit ihrer langjährigen Erfahrung aus Bildungsinitiativen und Projekten mit Ausbildungsstätten Lerninhalte und Materialien der BNE und bereitet diese für Fachschulen auf. Dies soll bspw. in Form von Materialien für Lehrkräfte als auch Schüler*innen, Aufgaben zu angewandtem Praxistransfer und durch die Aufbereitung von Beispielen aus der Kita-Praxis geschehen. Nach einer Bestandsanalyse des bereits vorhandenen BNE-Angebotes an den Fachschulen für Erzieher*innen wird eine Strategie für diese Entwicklung und Implementierung von Lernmodulen erarbeitet. Dabei wird berücksichtigt, dass diese in den neuen Bildungsplan integriert werden sollen. Ein Schwerpunktthema oder Aspekt der BNE wird ausgearbeitet und im Austausch mit Fachschulvertreter*innen und den zuständigen Behörden weiterentwickelt und extern evaluiert.

Informations- und Beteiligungsformate auf Bezirksebene: BNE für jedes Alter und in jedem Stadtviertel
Für die sieben Hamburger Bezirke, von Altona bis Wandsbek, soll jeweils ein bestehendes oder neues spezifisches Modellprojekt zum nachhaltigen Denken und Handeln als Themen- und Aktionsfeld mit dem Ziel »vom Projekt zur Struktur« gestaltet werden, um Partizipation und Netzwerkausbau zu stärken.

In Altona übernimmt dies ein Beratungs- und Trainerinnen-Team, das sich um naturnahe Entwicklung in Bereichen wir Ernährung, Permakultur und kreative Müllverwertung in ihren Kursen und Workshops kümmert und bereits Erfahrung in der Betreuung von Gärten und nachhaltigen Vereinen mitbringt. Ihr Vorhaben ist, eine feste Begegnungsstätte für Bildung im grünen Bereich im Hamburger Stadtteil Altona anzubieten und Menschen aller Hintergründe und Institutionen die Möglichkeit zu geben, sich zu vernetzen. Dazu tragen monatliche Treffen bei, die für dringende Themen rund um Klimaschutz und Artenvielfalt sensibilisieren. Dabei machen die gemeinschaftlichen Treffen auch die Möglichkeiten zum Handeln ersichtlich, um in kleinen Schritten eigenständig und mit Spaß aktiv zu werden.

Diese Projekte gehören zu den Anfängen und Grundlagen des Hamburger Masterplans – bis 2030 wird es noch viele Herausforderungen und umzusetzende Maßnahmen geben, bei denen das bisherige Engagement weiterhin benötigt wird. Doch dazu gehört noch mehr.

Blick nach vorne – Bildung für nachhaltige Entwicklung 2030
Bildung für nachhaltige Entwicklung ist für die einen eine Haltung, ein Lebensstil, ein Inbegriff von nachhaltigem Leben – für die anderen benötigt die Bezeichnung noch lebendige Assoziationen und vor allem Erläuterung. Zu einer der Herausforderungen, BNE fest zu verankern und zu einer Basis unserer Entscheidungen zu machen, gehört Bildung für nachhaltige Entwicklung zu kennen und zu verstehen. Um BNE zu internalisieren, setzt sie auch voraus, erfahren und erlebt zu werden und daraus Emotionen und Gewohnheiten in das alltägliche Leben mitzunehmen.

Doch was bedeutet die Vision des Hamburger Masterplans, BNE strukturell in der Hamburger Bildungslandschaft zu verankern noch? Solche neuen lokalen Strukturen können in ganz Deutschland Änderungen im System fördern: Wenn neben lokalen Bemühungen in einzelnen Regionen und Städten BNE flächenweise an Relevanz zunimmt und der Austausch in ganz Deutschland geschieht, also auch politische Träger*innen wie Bund und Kommunen auf Augenhöhe miteinander kooperieren, erhält Bildung für nachhaltige Entwicklung eine reale Chance ihr enormes gesellschaftliches Potenzial zu entfalten.

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

Fußnoten

1 Tenorth, H.-E. (09.09.2013). Bildung – zwischen Ideal und Wirklichkeit. bpb.de. Zugriff unter: www.bpb.de/themen/bildung/dossier-bildung/146201/bildung-zwischen-ideal-und-wirklichkeit/

2 Bundesministerium für Bildung und Forschung. Was ist BNE? Zugriff unter: https://www.bne-portal.de/bne/de/einstieg/was-ist-bne/was-ist-bne.html

3 Deutsche UNESCO-Kommission (Januar 2021). Lernen zu handeln! Was bedeutet Bildung für nachhaltige Entwicklung? Zugriff unter: https://www.bne-portal.de/bne/de/einstieg/was-ist-bne/was-ist-bne.html

4 UNESCO Roadmap zur Umsetzung des Weltaktionsprogramms »Bildung für nachhaltige Entwicklung«. S. 15. Zugriff unter: https://www.unesco.de/sites/default/files/2018-01/unesco_roadmap_bne_2015.pdf  

5 UNESCO (2021/22). GLOBAL EDUCATION MONITORING REPORT. Non-state actors in education. WHO CHOOSES? WHO LOSES? S. 369. Zugriff unter: https://unesdoc.unesco.org/ark:/48223/pf0000379875/PDF/379875eng.pdf.multi.page=1&zoom=auto,-17,794

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

Informationen zum Masterplan:
www.hamburger-klimaschutzstiftung.de/projekte/masterplan-bne
Bei Projektfragen wenden Sie sich an die Koordinierungsstelle:
koordinierungsstelle@remove-this.hamburger-klimaschutzstiftung.de | T. (040) 637 02 49 – 41