Landesjugendring Hamburg e.V.

Blick in die Praxis: Modellprojekt »Partizipative Gestaltung von Ganztagsangeboten«

Seit November 2014 werden in einem Kooperationsprojekt der Behörde für Schule und Berufsbildung sowie der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration an sechs Standorten Schulen und direkt kooperierende Jugendeinrichtungen bei der Entwicklung ihrer Beteiligungskultur unterstützt. Nach einer Analyse der bisherigen Beteiligungspraxis und der in Teams und Kollegien vorhandenen Beteiligungsbereitschaft fanden für die Kinder- und Jugendlichen jeweils eine Zukunftswerkstatt in der Schule und eine in der Jugendeinrichtung statt. Im klassischen Dreiklang von »Kritikphase«, »Phantasiephase« und »Umsetzungsphase« nahmen die jungen Menschen das gesamte Angebotsspektrum am Standort unter die Lupe und entwickelten Ideen, wie sich »der Ganztag« im Zusammenspiel von Schule und Offener Kinder- und Jugendarbeit verbessern lässt. Es wurde besonderer Wert darauf gelegt, dass das Projekt nicht mit der Präsentation der Ergebnisse der Zukunftswerkstätten endete : In sogenannten »Planungszirkeln« präsentierten Delegationen aus den Kollegien und Teams einer mindestens ebenso großen Delegation von Kindern oder Jugendlichen, wie die Erwachsenen deren Arbeitsergebnisse verstanden hatten. Da nur wenige Erwachsene als Gäste an den Zukunftswerkstätten teilnehmen, kommt es in den Kollegien und Teams im Anschluss unweigerlich zu einer Interpretation und Bewertung der Ergebnisse. Dies kann bedeuten, dass Vorschläge als abwegig oder unrealistisch verworfen werden, ohne dass die jungen Menschen dies überhaupt mitbekommen oder die Chance haben, ihre Ideen noch einmal zu erläutern und zu verteidigen. In den Planungszirkeln ist es hingegen für die Kinder und Jugendlichen eine spannende Situation, dass die Erwachsenen die Ergebnisse der Zukunftswerkstätten in einem ganz simplen Koordinatensystem verorten müssen. Die y-Achse bezeichnet die Bedeutsamkeit. Je höher die Karte mit dem Vorschlag an der Moderationstafel aufgehängt wird, desto bedeutsamer ist sie nach Wahrnehmung der Erwachsenen für die Kinder (hier helfen deren Priorisierungen aus den Werkstätten). Die x-Achse bezeichnet den Grad der Realisierbarkeit. Die Erwachsenen erläutern jeweils, warum sie etwas für sehr gut machbar oder unrealistisch halten und positionieren die Karten entsprechend weiter links oder rechts. Nach einer sehr ernsthaften und manchmal auch lebhaften Diskussion, bei der einzelne Karten noch verschoben werden, ist es abschließend die Aufgabe der Kinder, den Erwachsenen zu bestätigen, dass sie sie richtig verstanden haben. Anschließend wird der Blick vor allem auf die Ideen im rechten oberen Quadranten gerichtet und für alle besonders bedeutsamen und realisierbaren Vorschläge verabredet, wer bis wann was auf den Weg bringt. Oft werden aber auch zu den weiteren Ideen, deren Realisierung schwieriger erscheint, noch gemeinsame Verabredungen getroffen. Die Ernsthaftigkeit der Zusammenarbeit von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen in diesem Prozess wird dadurch unterstrichen, dass zum Abschluss des ersten gleich ein zweiter Planungszirkel terminiert wird, bei dem alle wieder zusammenkommen, um die Fortschritte der gemeinsamen Anstrengungen zu überprüfen. Da engagierte junge Menschen nicht selten bereits die Erfahrung gemacht haben, dass eine Sammlung von Ideen im Alltagsgeschäft versanden kann, ist dieser verbindliche Ausblick von besonderer Bedeutung. Die am Modellprojekt teilnehmenden Institutionen befinden sich derzeit kurz vor Abschluss der einjährigen Prozessbegleitung und werden im Anschluss ihre Beteiligungskultur in diesem Sinne eigenständig weiterentwickeln. [zurück zum Artikel]