Landesjugendring Hamburg e.V.
Heft 2-2015, Rubrik Titelthema

Wie helfen durch ehrenamtliches Engagement?

Veranstaltungen des Landesjugendrings Hamburg zum Thema Junge Geflüchtete und Jugendverbandsarbeit

Von Dennis Blitz und Maria Wassersleben, Landesjugendring Hamburg

Die Flüchtlingsthematik ist derzeit überall präsent und geht auch an Hamburger Jugendverbänden nicht spurlos vorüber. Viele von ihnen machen sich nicht nur für die Interessen junger Geflüchteter stark, sondern signalisieren mehr und mehr ihre Bereitschaft und Motivation, diese auch praktisch in ihre Arbeit einzubinden. Einige haben bereits erste Erfahrungen damit gemacht, Kinder aus Flüchtlingsunterkünften mit auf Freizeiten zu nehmen, sie in ihre Gruppen zu integrieren oder besondere Aktionen für sie zu schaffen. Andere wollen dies noch angehen. Oftmals fehlt es aber zunächst an einer Sensibilisierung für die Zielgruppe und entsprechenden Zugängen. Der Landesjugendring ist daher bemüht, dem Thema mehr Raum zu geben und Jugendverbänden hilfreiche Impulse, Informationen und Vernetzungsmöglichkeiten zu bieten, um ihre Jugendarbeit für junge Geflüchtete zu öffnen. In diesem Sinne wurden zwei Veranstaltungsformate auf die Beine gestellt. Zunächst fand ein Diskussionsabend zum freiwilligen Engagement in der Flüchtlingsarbeit mit 60 Gästen aus Jugendverbänden, Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft am 5. Mai 2015 statt. Eine tiefergehende Auseinandersetzung wird am 12. Juli im Rahmen des interaktiven Thementags »young & welcome – Jugendverbandsarbeit für und mit jungen Geflüchteten« möglich gemacht.

Ausblick. Der Arbeit mit Geflüchteten sollte eine Sensibilisierung für das Thema Flucht und die Lebensrealitäten von Geflüchteten vorausgehen – so ein zentrales Ergebnis des letzten Diskussionsabends. Der Thementag »young & welcome« am 12. Juli möchte an genau dieser Stelle ansetzen und den Bogenschlag zu konkreten Handlungsoptionen für Jugendverbände ermöglichen. Also Sensibilisierung und Aktivierung im Doppelpack. Die Teilnehmenden sollen einerseits ein besseres Verständnis für die Zielgruppe entwickeln und andererseits motiviert und voller Ideen nach Hause gehen können. Eingeladen sind alle jungen Menschen – ob 14, 27 oder jung geblieben – aus Hamburger Jugendverbänden und -gruppen, die tiefer in das Thema eintauchen und es mit Anderen weiterdenken möchten. Um auch Jüngere mitzunehmen, ist der Thementag bewusst niedrigschwellig, interaktiv und lebensnah angelegt. Außerdem sollen Begegnungen und Erfahrungsaustausche mit jungen Geflüchteten selbst Teil der Veranstaltung sein. Es geht darum, nicht nur übereinander zu reden, sondern auch miteinander ins Gespräch zu kommen und voneinander zu lernen. Der Thementag wurde in Zusammenarbeit mit Vertretern/ innen einzelner Jugendverbände vorbereitet, die sich seit Ende April in einem hierfür gegründeten Arbeitskreis regelmäßig getroffen haben, um inhaltliche Schwerpunkte zu setzen und den Ablauf zu gestalten. Herausgekommen ist ein lebendiges Programm, das eine gute Mischung aus Input-, Arbeits- und Austauschphasen bereithält (siehe Info).

Rückblick. »Es braucht Menschen, die Zeit spenden!« war das Statement von Friederike Rehn, die beim Diskussionsabend am 5. Mai als erste der drei Gäste einen kurzen Vortrag gab. Sie engagiert sich bei der Initiative »Herzliches Hamburg – Hilfe für Flüchtlinge in Lokstedt« in der Arbeit mit Kindern im Spielecontainer der Unterkunft an der Lokstedter Höhe und gab Einblicke in die Alltagswelten der dortigen Kinder und Jugendlichen, die nicht selten von Langeweile und mangelnden Kontakten nach außen geprägt seien. Hier gäbe es vielfältige Anknüpfungspunkte für Jugendverbände.
Von fördern & wohnen, dem Betreiber der Flüchtlingsunterkünfte in Hamburg, war Beate Schmid-Janssen anwesend, die u. a. konkrete Zahlen präsentierte : Über 4000 geflüchtete Kinder und Jugendliche leben aktuell mit ihren Familien in Hamburg. Außerdem wurde in ihrem Vortrag deutlich, dass die Unterkünfte verstreut über das ganze Hamburger Stadtgebiet liegen und sich daher in jeder Nachbarschaft unmittelbar Zugänge anbieten.
Jan Pörksen, Staatsrat der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI), machte als letzter Redner deutlich, dass Hamburg aufgrund der steigenden Flüchtlingszahlen vor großen Herausforderungen stehe, diese aber mit viel Herzblut und Engagement angehe. Bemerkenswert seien dabei die positive Grundstimmung und gelebte Willkommenskultur, die in der Stadt – anders als in manch anderen Regionen Deutschlands – zu spüren sind. Das wachsende zivilgesellschaftliche Engagement sei nicht mehr wegzudenken und ein klarer Ausdruck davon, dass Geflüchtete in Hamburg willkommen geheißen werden. Dies zu fördern und Kooperationen aufzubauen, liege ganz klar im Interesse der Stadt. Was finanzielle Unterstützung des Engagements im Flüchtlingsbereich betrifft, sei z. B. dank verschiedener Stiftungen ein Fonds eingerichtet worden, der von der Hamburger Bürgerstiftung verwaltet wird. Auch Jugendverbände seien herzlich eingeladen, daraus auf rasche und unkomplizierte Weise Gelder zu beantragen (siehe Info).
An die drei kurzen Inputs der Gäste schloss sich eine sogenannte Fishbowl-Diskussion an – eine Methode, bei der alle Anwesenden die Möglichkeit hatten, sich im Wechsel zu den drei Gästen in den Kommunikationskreis zu setzen, um eigene Fragen, Erfahrungen und Ideen in die Diskussion darüber einzubringen, wie ein Engagement von Jugendverbänden sinnvoll und möglich ist. Zur Sprache kam z. B. die »Residenzpflicht« bzw. die Frage, inwiefern junge Geflüchtete auf Freizeiten über Hamburgs und Deutschlands Grenzen hinaus mitgenommen werden können. Hierzu versprach Staatsrat Pörksen, eine Prüfung der Möglichkeiten und die Erstellung eines Infoblattes zu veranlassen und sich für eine Vereinfachung einzusetzen. Daniel Knoblich, Geschäftsführer der Hamburger Sportjugend, berichtete von einem Qualifizierungsangebot mit drei Bausteinen, das derzeit erarbeitet werde, um die Sportjugend und Sportvereine in Hamburg für Patenschaften mit benachbarten Flüchtlingsunterkünften fit zu machen. Der zentrale Impuls aus der Fishbowl-Diskussion war, den direkten Kontakt zu den jungen Geflüchteten in den Unterkünften zu suchen und mit ihnen gemeinsam zu klären, welche Angebote für sie interessant und denkbar wären. Es brauche gar nicht viel, um erste, kleine Schritte zu machen, aus denen dann mehr entstehen kann.

Perspektiven. Jugendverbände bieten jungen Menschen einen Raum, in dem sie sich in partizipativen und selbstverwalteten Strukturen zusammenschließen und gemeinsame Erfahrungen machen können. Diese Möglichkeit sollte allen jungen Menschen offenstehen, die hier leben – junge Geflüchtete eingeschlossen, auch wenn ihr Verbleib in Hamburg häufig ungewiss ist. Für sie sind Jugendverbände Orte, an denen sie in erster Linie Kinder und Jugendliche sein dürfen – wo sie lernen, spielen, Kontakte knüpfen und sich zugehörig fühlen können. Dabei sind sie nicht nur als Hilfsbedürftige, sondern als gleichberechtigte Mitwirkende wahrzunehmen. Langfristiges Ziel sollte sein, junge Geflüchtete in Hamburger Jugendverbänden willkommen zu heißen und damit ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und sozialen, interkulturellen Miteinander in dieser Stadt zu stärken. Sich diesem weiter zu nähern – dafür steht des Thementag »young & welcome« am 12. Juli. Seid dabei!