Landesjugendring Hamburg e.V.
Heft 2-2005, Rubrik Kommentar

Jugendarbeit bleibt wichtiger Schwerpunkt der schleswig-holsteinischen Landesregierung

Interesse an der norddeutschen Zusammenarbeit wächst

Von Thies Grothe, Vorsitzender des Landesjugendringes Schleswig-Holstein

Blick über den Tellerrand. Wie ist die Jugend(verbands)politik in der Landespolitik Schleswig-Holsteins verankert? Auch wenn man daraus für Hamburg keine direkten Rückschlüsse ziehen kann, so ist der Blick über den »Hamburger Tellerrand« nach Norden gewiß interessant. Denn anders als in den Regierungsprogrammen der letzten Jahre in Hamburg hat die Jugendarbeit in Schleswig-Holstein traditionell einen hohen Stellenwert in der Landespolitik.

Die Ausgangslage. Seit dem 27. April hat Schleswig-Holstein endlich eine neue Landesregierung. Nach dem Scheitern des ersten Koalitionsversuches von SPD, Grünen und SSW haben CDU und SPD einen Monat lang nachgearbeitet und den Vertrag für die erste große Koalition in Schleswig-Holstein entwickelt. Der Regierung mit 59 Abgeordneten aus CDU (30) und SPD (29) stehen jetzt 10 Abgeordnete (FDP 4, Grüne 4, SSW 2) als Opposition gegenüber. Peter Harry Carstensen, CDU, ist erwartungsgemäß zum Ministerpräsidenten gewählt worden. Die CDU kümmert sich in der neuen Regierung um Finanzen, Wirtschaft, Hochschulen, Umwelt und Landwirtschaft, während die SPD die gesellschaftspolitischen Ressorts Justiz, Inneres, Bildung (Schule) und Soziales in Händen hat. Ob diese Aufteilung der Regierungsverantwortung klug ist, bleibt abzuwarten.

Der Jugendbereich wandert wie zu Beginn jeder Legislaturperiode in den letzten 15 Jahren wieder einmal in ein neues Ressort. Diesmal geht’s für die Abteilung Familie und Jugend ins sozialdemokratisch geführte Sozialministerium. Anders aber als im letzten rot-grünen Koalitionsvertrag sind im Abschnitt Kinder- und Jugendpolitik des neuen Koalitionsvertrages nicht nur einzelne Leitprojekte der neuen Landesregierung genannt, sondern zentrale Forderungen der Jugendverbände und anderer freier Träger enthalten.

Die neue Landesregierung setzt nicht nur auf Generationengerechtigkeit, Mitverantwortung, Mitgestaltung und Engagement der »jungen Generation«, sie verspricht zugleich einen Kinder- und Jugendaktionsplan gemeinsam mit Verbänden, Organisationen und Initiativen zu entwickeln. Dabei sollen Kinder und Jugendliche nicht nur führzeitig beteiligt werden, vielmehr soll das Thema Beteiligung zum zentralen Schwerpunkt des Landesaktionsplans werden. Weiter wird festgehalten, daß die Jugendarbeit in Verbänden und Initiativen unterstützt wird und eine stabile und verläßliche Förderung der Jugendverbände gewährleistet sein muß. Besonders wird in diesem Zusammenhang die Bedeutung der außerschulischen Bildungsarbeit und Unverzichtbarkeit der Förderung der Bildungsreferenten herausgestrichen.
Im Bereich des ehrenamtlichen Engagements heißt es im Koalitionsvertrag: »Das Ehrenamt wird weiter gefördert. Hierzu gehört auch die Weiterentwicklung der Jugendleiter-Card.« Damit steht die Juleica erstmals in Schleswig-Holstein in einem Koalitionsvertrag, genauso wie die Unterstützung der Ostsee-Jugendarbeit und der Ostsee-Jugendstiftung. Letzterer will die Landesregierung bei der Einwerbung von Stiftungskapital aus der Wirtschaft unter die Arme greifen. Als weitere wichtige Aufgabenfelder der Jugendhilfe werden der Jugend- und Jugendmedienschutz sowie die umfassende und intensive Betreuung von jugendlichen Intensiv- und Mehrfachtätern genannt. Unter dem Punkt Zusammenarbeit zwischen Jugendhilfe und Schule wird zu Recht die Notwendigkeit der Eigenständigkeit der Jugendhilfe bekannt.

Entgegen der Jugendhilfepolitik der letzten Jahre, die immer ein wenig unter mangelndem Selbstbewußtsein litt, erhebt das, was jetzt im Koalitionsvertrag von »Schwarz-Rot« steht, den Anspruch, die Jugendarbeit aktiv zu fördern und eine gestaltende Jugendhilfepolitik zu betreiben. Das ist zwar nicht wirklich spektakulär, aber wohltuend klar in der Zielsetzung.
Welchen Stellenwert Jugendpolitik tatsächlich haben wird, werden wir jedoch erst sehen, wenn der erste Landeshaushalt 2006 aufgestellt ist. Dann wird der Anspruch aus dem Koalitionsvertrag an der finanzpolitischen Wirklichkeit zu messen sein.

Get together. Zur Behebung der Finanzknappheit will die neue Landesregierung noch stärker auf eine effektive Verwaltung (Verwaltungsreform) und die Zusammenarbeit der norddeutschen Länder setzen. Die Jugendverbände begrüßen diese Zielsetzung und setzen selbst auf eine Intensivierung der Kooperationsbeziehungen untereinander. Wunderbar wäre, wenn es gelänge, das Projekt Ostsee-Jugendstiftung zu einem Projekt zu machen, das von allen Landesregierungen der norddeutschen Länder finanziell und ideell unterstützt werden würde.