Landesjugendring Hamburg e.V.
Heft 3-2005, Rubrik Titelthema

Was heißt nochmal ?

Glossar zur Wahl

Abgeordnete
Wählbar (passives Wahlrecht) ist grundsätzlich jede und jeder, die bzw. der am Wahltag seit mindestens einem Jahr Deutsche/r ist und das 18. Lebensjahr vollendet hat. Die Freiheit des parlamentarischen Mandats ist in der Verfassung nachdrücklich betont: Die Abgeordneten sind die Vertreterinnen/Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen (Artikel 38 Abs. 1 Satz 2 GG). Aber Abgeordnete treten auch für die Interessen der Bürgerinnen und Bürger ihrer Wahlkreise, ihrer Partei und von Verbänden ein. Andererseits versuchen sie, diese wie auch die anderen Abgeordneten von ihren politischen Absichten zu überzeugen. Bei allen Entscheidungen im Deutschen Bundestag haben alle Abgeordneten jedoch die Parteianschauungen, zu denen sie sich bekennen, die an sie herangetragenen Anliegen und Wünsche und die eigenen Interessen stets daraufhin zu prüfen, ob sie mit dem Allgemeinwohl zu vereinbaren sind.

Aufstellung der Kandidatinnen und Kandidaten
In den Wahlkreisen können Kandidatinnen und Kandidaten von Parteien sowie Einzelpersonen zur Wahl antreten. Bewerberinnen und Bewerber von Parteien müssen zuvor in einer Mitglieder- oder Delegiertenversammlung ihres Wahlkreises in geheimer Abstimmung gewählt worden sein. Einzelpersonen, die sich zur Wahl aufstellen lassen wollen, müssen auf Formblättern mindestens 200 Unterstützungsunterschriften von Wahlberechtigten ihres Wahlkreises sammeln. Kandidatinnen und Kandidaten für die Landesliste einer Partei müssen auf Landesebene auf einer Mitglieder- oder Delegiertenversammlung in geheimer Abstimmung gewählt worden sein.

Bundeskanzlerin bzw. Bundeskanzler und Bundesregierung
In der Bundesrepublik Deutschland ist der/die Bundeskanzler/in der/die Regierungschef/in. Er/Sie wird nicht direkt durch die Bürger/innen, sondern von den Abgeordneten des Deutschen Bundestages gewählt. Der Bundespräsident schlägt die/den aussichtsreichste/n Kandidatin/Kandidaten vor.
Der/die Bundeskanzler/in stellt sein/ihr Kabinett, also seine/ihre Ministerinnen und Minister, selbst zusammen. Zusammen bilden sie die Bundesregierung. Die Leitlinien der Regierungspolitik bestimmt der/die Bundeskanzler/in. Die Amtsdauer beträgt in der Regel eine Legislaturperiode, d.h. 4 Jahre. Will der Bundestag den/die Bundeskanzler/in stürzen, dann kann das nur dadurch geschehen, dass der Bundestag einen Anderen/eine Andere zum/zur Bundeskanzler/in wählt.

Bundestag
»Der Bundestag ist die erste Kammer des Parlaments in Deutschland und das einzige vom Volk direkt gewählte oberste Bundesorgan (Volksvertretung). Zu den wichtigsten Aufgaben des Bundestages zählen:
a.) Wahl (und ggf. Abwahl) des/der Bundeskanzlers/in, b.) die Kontrolle der Bundesregierung und der ihr unterstellten Verwaltung (Ministerien), c.) die Gesetzgebung des Bundes und die Feststellung des Bundeshaushalts, d.) die Mitwirkung bei der Wahl des/der Bundespräsidenten/in sowie e.) der Richter/innen am Bundesverfassungsgericht und f.) die Feststellung des Spannungs- oder Verteidigungsfalles.« (aus: Schubert/Klein: Das Politiklexikon. Dietz Verlag, 3. aktual. Aufl. Bonn 2003, S. 54.)

Bundestagswahl
Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl auf die Dauer von vier Jahren gewählt.
»Allgemein«: Das Wahlrecht steht jeder Staatsbürgerin bzw. jedem Staatsbürger mit Vollendung des 18. Lebensjahres zu. »Unmittelbar«: Die Wählerinnen und Wähler wählen die Kandidatinnen und Kandidaten unmittelbar, ohne die Zwischenschaltung von Wahlfrauen und Wahlmännern. »Frei«: Auf das Wahlvolk darf von keiner Seite Druck ausgeübt werden. »Gleich«: Jeder Stimme kommt für die Zusammensetzung des Bundestages gleiches Gewicht zu. »Geheim«: Gewählt wird in einer Wahlkabine, die nur einzeln betreten werden darf.
Die Wahlberechtigten entscheiden in einer Bundestagswahl über die Zusammensetzung des Bundestages. Jede Wählerin und jeder Wähler hat zwei Stimmen, die Erststimme und die Zweitstimme. Um im Bundestag vertreten zu sein, muss eine Partei mindestens fünf Prozent der Zweitstimmen oder mindestens drei Direktmandate erhalten. Der Bundestag setzt sich gegenwärtig aus mindestens 598 Abgeordneten zusammen, von denen 299 in den Wahlkreisen und weitere 299 über die Landeslisten der Parteien gewählt werden. Mit der Wahl erhalten die Abgeordneten von den Wählerinnen und Wählern den auf vier Jahre befristeten Auftrag, die Interessen des ganzen Volkes zu vertreten.

Direktkandidatinnen und -kandidaten
Direktkandidaten sind die Wahlbewerberinnen und -bewerber, die sich um das Direktmandat in einem Wahlkreis bewerben. Gewählt ist der/die Kandidat/in, der/die die meisten Erststimmen in diesem Wahlkreis erhält.

Direktmandat
Von den 598 Bundestagsmandaten werden 299 direkt in den Wahlkreisen vergeben. Diejenige Person, die die meisten Erststimmen in einem Wahlkreis auf sich vereinigen kann, erhält einen Sitz im Bundestag, das so genannte Direktmandat. Die übrigen 299 Sitze im Bundestag werden über die Landeslisten vergeben, also an die Kandidatinnen und Kandidaten, die auf der Landesliste einer Partei in einem der 16 Bundesländer stehen. Direktmandat und das so genannte Listenmandat unterscheiden sich nur darin, auf welche Weise eine Person ihren Sitz im Bundestag erhält, alle gewählten Abgeordneten des Bundestages sind grundsätzlich gleichgestellt.

Erststimme
Bei der Bundestagswahl haben die Wählerinnen und Wähler zwei Stimmen, die Erststimme und die Zweitstimme. Mit der Erststimme wählt man die Kandidatin bzw. den Kandidaten für den eigenen Wahlkreis (Direktmandat).
Der amtliche Stimmzettel enthält zwei Spalten. Die linke Spalte ist für die Erststimme. Für die Wahl zum 16. Deutschen Bundestag ist die Bundesrepublik Deutschland in 299 Wahlkreise eingeteilt. Somit werden 299 Abgeordnete über die Erststimme in Direktwahl gewählt. Für die Kräfteverhältnisse der Parteien im Bundestag ist jedoch die Zweitstimme ausschlaggebend.

Fünfprozentklausel
Bei der Bundestagswahl gilt für die Landeslisten der Parteien eine so genannte Fünfprozentklausel. Bei der Sitzverteilung werden nur solche Parteien berücksichtigt, die mindestens fünf Prozent der abgegebenen gültigen Zweitstimmen erhalten haben. Hat eine Partei weniger als diese fünf Prozent erhalten, zieht sie nicht in den Bundestag ein. Nur ihre in den Wahlkreisen über die Erststimme direkt gewählten Kandidatinnen und Kandidaten bekommen einen Sitz. Hierbei gibt es eine Ausnahme: Hat eine Partei drei oder mehr Direktmandate über die Erststimme in den Wahlkreisen erhalten, wird sie bei der Sitzvergabe berücksichtigt.

Konstruktives Misstrauensvotum
»Aus Gründen der politischen Stabilität ist für vorzeitige Neuwahlen ein kompliziertes Verfahren in Gang zu setzen, an dem mehrere Verfassungsorgane beteiligt sein müssen. Die Möglichkeit vorzeitiger Neuwahlen besteht demnach nur, wenn nach Artikel 68 des Grundgesetzes der Bundespräsident auf Vorschlag des Bundeskanzlers den Bundestag innerhalb von 21 Tagen auflöst, nachdem die Mehrheit der Abgeordneten dem amtierenden Bundeskanzler das Vertrauen verweigert hat (Vertrauensfrage). Solange der Bundespräsident dies jedoch nicht verfügt hat – er ist an den Vorschlag des Kanzlers keineswegs gebunden–, kann der Bundestag von der Möglichkeit des so genannten konstruktiven Misstrauensvotums Gebrauch machen: Mit absoluter Mehrheit muss der Bundestag den amtierenden Kanzler abwählen und zugleich einen neuen Bundeskanzler wählen. Ist dies Verfahren erfolgreich, so wird der Bundestag nicht aufgelöst. Nach bisheriger Rechtslage ist eine vorzeitige Beendigung der Wahlperiode nur möglich, wenn es um die Wahl oder um das Vertrauen des Bundeskanzlers geht: beim Scheitern der Kanzlerwahl (Art. 63, Abs.1) oder beim Scheitern der Vertrauensfrage (Art. 68, Abs.1).«
(aus: Karl-Rudolf Korte: Wahlen in der Bundesrepublik Deutschland, Bonn 2003, S.51.)

Legislaturperiode
Die Legislaturperiode bezeichnet den Zeitraum, für den ein Parlament gewählt wird. In der Regel dauert die Legislaturperiode des Deutschen Bundestages 4 Jahre.

Landeslisten
Landeslisten können nur von Parteien aufgestellt werden. Insgesamt kann es 16 Landeslisten einer Partei geben, für jedes Bundesland eine. Eine Partei muss aber nicht in jedem Bundesland kandidieren.

Parteien
Welche Vereinigung von Bürgerinnen und Bürgern als Partei gilt, bestimmt sich nach dem Parteiengesetz. Verkürzt dargestellt sind Parteien Vereinigungen von Bürgerinnen und Bürgern, die dauernd oder für längere Zeit in der Bundesrepublik Deutschland auf die politische Willensbildung Einfluss nehmen wollen und an der Vertretung des Volkes im Deutschen Bundestag oder einem Landtag bzw. Bürgerschaft (Hamburg) mitwirken wollen. Sollte eine Partei »nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitlich demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen « (Art. 21, Abs. 2 des GG), droht ein Verbot durch das Bundesverfassungsgericht.
Auch wenn die Parteien die Voraussetzungen nach dem Parteiengesetz erfüllen, müssen sie dennoch vom Bundeswahlleiter daraufhin überprüft werden, ob sie für eine Bundestagswahl als Parteien anerkannt werden, die eine Landesliste einreichen dürfen.
Personalisierte Verhältniswahl
»Die Bundestagswahlen in Deutschland werden nach dem System der sog. Personalisierten Verhältniswahl ausgerichtet, d.h. mit der ersten Stimme (Erststimme) werden die Vertreter der Wahlkreise (mittels Mehrheitswahl) gewählt; die zweite Stimme (Zweitstimme) wird dagegen für eine Partei(liste) angegeben und entscheidet damit über die relative Stärke der Parteien untereinander.«
(aus: Schubert/Klein: Das Politiklexikon, Dietz Verlag, 3. aktual. Aufl. Bonn 2003, S. 313.)

Sitzverteilung im Bundestag (Hare-Niemeyer-Verfahren)
»Die Sitzverteilung der Bundestagsmandate auf die Kandidaten und Parteien erfolgt nach einem Verfahren, das der englische Verfassungsrichter Thomas Hare und der deutsche Mathematiker Horst Niemeyer entwickelt haben.
Zunächst werden von den Bundestagssitzen die Direktmandate abgezogen, die von unabhängigen Kandidaten errungen wurden bzw. von Kandidaten der Parteien, die an der 5%-Hürde gescheitert sind. In gleicher Weise werden die Zweitstimmen vermindert.
Die Zweitstimmen einer Partei werden mit der verbleibenden Zahl von Abgeordnetensitzen multipliziert und dann durch die Gesamtzahl der Zweitstimmen dividiert. Jede Partei erhält jetzt so viele Sitze, wie ganze Zahlen auf sie entfallen. Hat die genannte Berechnung beispielsweise 38,9 ergeben, so erhält die betreffende Partei 38 Sitze.
Nach diesem Rechenschritt bleiben i.d.R. noch einige Sitze frei. Über die Verteilung dieser Sitze entscheidet die Nachkommastelle. Der erste noch nicht vergebene Sitz wird an die Partei mit der höchsten Nachkommastelle, der zweite an die Partei mit der zweithöchsten Nachkommastelle vergeben usw. Damit steht i.d.R. fest, mit wie vielen Abgeordneten eine Partei in den Bundestag einzieht. In einem weiteren Schritt wird für jede Partei die Gesamtzahl ihrer Abgeordneten auf die Länder verteilt. Dabei wird wieder das Hare-Niemeyer-Verfahren benutzt. In einem letzten Schritt werden für jede Partei und jedes Land die Direktmandate der Partei im jeweiligen Land von der errechneten Zahl der Abgeordneten dieser Partei in diesem Land abgezogen. Die verbleibenden Sitze werden über die Landesliste der Partei besetzt. Stellt sich jedoch heraus, dass die Partei bereits mehr Direktmandate in diesem Land errungen hat, als für sie in diesem Land errechnet wurden, dann kommt es zu den so genannten Überhangmandaten, denn alle Direktkandidaten dürfen ihren Sitz behalten. Die Zahl der Abgeordneten im Deutschen Bundestag wird dann entsprechend erhöht.
Dafür ein Beispiel: Hat eine Partei 12 Direktmandate in einem Land errungen und stehen ihr nach den Zweitstimmen nur 10 Sitze in diesem Land zu, dann wird die Zahl der Abgeordneten im Bundestag um 2 Überhangmandate erhöht. Alle 12 direkt Gewählten werden zu Abgeordneten. Eine Verrechnung mit den Listen der betreffenden Partei in anderen Ländern findet nicht statt.« (aus: www.bundestag.de)

Stimmensplitting
Die Erst- und Zweitstimme sind nicht miteinander verknüpft. Es bleibt allen Wahlberechtigten überlassen, ob sie ihre Erst- und Zweitstimme an die gleiche Partei vergeben. Werden Erst- und Zweitstimme an verschiedene Parteien vergeben, dann heißt das Stimmensplitting.

Überhangmandat
Gewinnt eine Partei in einem Bundesland mehr Direktmandate (Erststimmen) als ihr nach der Verrechnung der Zweitstimmen (Landesliste der Partei) zustehen, so erhält sie diese Sitze als Überhangmandate. Die Zahl der Abgeordneten im Bundestag erhöht sich entsprechend.

Wahlkreis
Das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ist in Wahlkreise eingeteilt. Für die Wahl zum 16. Deutschen Bundestag sind das 299 Wahlkreise. In Hamburg gibt es sechs Wahlkreise: Altona, Bergedorf-Harburg, Eimsbüttel, Mitte, Nord und Wandsbek.

Wahlpflicht?
Bei den Wahlen zum Deutschen Bundestag gibt es keine Wahlpflicht. Anders ist das z.B. in Belgien und Österreich. Wer dort nicht wählt und keine hinreichende Begründung dafür gibt, muss u.U. eine Geldstrafe bezahlen.

Zweitstimme
»Bei der Bundestagswahl haben die Wahlberechtigten zwei Stimmen, die Erststimme und die Zweitstimme. Nach dem Verhältnis der gültigen Zweitstimmen wird der Anteil der Abgeordnetenmandate festgelegt, der auf eine Partei entfällt. Von diesen Gesamtmandaten einer Partei werden die Direktmandate abgezogen, die die Partei bereits errungen hat. Nur die übrigen Mandate werden an die Kandidaten auf den Landeslisten der Partei gegeben. Die Zweitstimme entscheidet deshalb darüber, wie stark eine Partei im Parlament vertreten ist.« (aus: www.bundestag.de)