Landesjugendring Hamburg e.V.
Heft 2-2010, Rubrik Titelthema

"Weltverbessern" in der Arche Warder - ein besonderes Pfingstlager

Von Matthias Krause, Pfadfinder- & Pfadfinderinnenbund Nordlicht

Über 600 Kinder und Jugendliche aus Schleswig-Holstein und Hamburg fuhren am Pfingstwochenende für ein Zeltlager in den Tierpark Arche Warder bei Neumünster. Der Bund der Pfadfinderinnen und Pfadfinder (BdP) – Landesverband Schleswig-Holstein / Hamburg organisierte im Rahmen des Projekts »Weltverbesserer« die Kooperation mit dem größten Tierpark für vom Aussterben bedrohte Nutztierarten in Europa und lud den Pfadfinder & Pfadfinderinnenbund Nordlicht (PBNL) dazu ein. Es entstand ein ganz besonderes Pfingstlager, auf dem nicht nur gespielt, getobt und gesungen wurde, sondern sich die Teilnehmenden auch aktiv und kreativ für den Ausbau und die Verschönerung des Tierparks einsetzten.

»Tue jeden Tag eine gute Tat!« Ein Motto der Pfadfinder, das heute sicher von vielen mit einiger Belustigung dem Fähnlein Fieselschweif und den drei Neffen von Donald Duck zugeordnet wird und, es sei jedem versichert, das im Wortlaut auch keine Verwendung mehr findet. Doch der Gedanke, der dahinter steckt, ist wertvoll: Habe ein offenes Auge für deine Umwelt und engagiere dich, wenn Hilfe gebraucht wird. Um dieser Idee willen rief der BdP 2009 das Projekt »Weltverbesserer« ins Leben. Mit diesem Projekt möchte der größte interkonfessionelle Pfadfinderbund Deutschlands das soziale und ökologische Engagement seiner bundesweit etwa 30.000 Mitglieder fördern. Inspiriert von dieser Idee machte sich der Landesverband Schleswig-Holstein / Hamburg auf die Suche nach einem Ort im Norden, an dem Hilfe gut gebraucht werden konnte – und fand die Arche Warder. Der Tierpark, der heute 800 Tieren vom Aussterben bedrohter Nutztierrassen ein Zuhause bietet, stand 2003 selbst kurz vor dem Aus. Doch Greenpeace erwarb den zahlungsunfähigen Tierpark zusammen mit dem Verein Arche Warder und bot so eine neue Perspektive. »Wir freuen uns, dass unser Tierpark für das Pfingsttreffen ausgesucht wurde. Natürlich gibt es ein paar Grundregeln, an die sich alle zu halten haben, aber ansonsten können sich die Jungen und Mädchen frei auf dem Gelände bewegen«, sagt Eike Fandrey, der landwirtschaftliche Leiter der Arche.

Vorarbeiten. So begannen Monate im Voraus die Planungen für ein Lager im Tierpark. Imke Schafitzel, 22-jährige Studentin aus Lüneburg und Mitorganisatorin des Pfingstlagers, sieht das Ganze als eine persönliche Herausforderung. Zur Organisation des Lagers sagt sie: »Wenn alles gut läuft, kann ich es am meisten genießen.«
Und es gab einiges zu bedenken, denn auch wenn Pfingstlager bei den Pfadfindern jedes Jahr stattfinden, ist ein Lager dieser Größe und an diesem Ort etwas Außergewöhnliches. Mehr als 50 ehrenamtliche Teamer im Alter von 20 Jahren und aufwärts, von denen viele früher selbst einmal Gruppenleiter gewesen sind, trugen zu der Planung und der Umsetzung bei. Der wichtigste Teil der Pfadfinderarbeit wurde aber auf diesem Lager von den 15 – 20-jährigen Gruppenleitern geleistet. Der Einstieg in das ehrenamtliche Engagement beginnt bei den Pfadfindern mit dem ersten Juleica-Kurs, den man mit 15 Jahren machen kann, wenn man selbst einige Jahre Gruppenmitglied war. Im Laufe der Jahre wächst man durch Weiterbildungen aber vor allem durch Erfahrungen und Erlebnisse in »größere« Aufgaben hinein. Das Prinzip »Learning by Doing«, dass vor rund 100 Jahren von dem Gründer der Pfadfinderbewegung, Sir Robert Baden Powell geprägt wurde, spielt dabei bis heute eine wichtige Rolle. Das Lager in der Arche ist ein gutes Beispiel: Viele der Teamer organisierten zum ersten Mal ein Lager dieser Größe.

Am Freitag, den 21. Mai, war es dann soweit. Nachdem die Planungs- und Vorbereitungscrew bereits am Dienstag anreiste, erste Zelte aufbaute, Wasserleitungen für Waschstellen legte und die Zeltgründe absteckte, kamen die Teilnehmer mit Bussen angereist und füllten die Wiesen des Tierparks mit ihren Kohten und Jurten, den schwarzen Stoffzelten der Pfadfinder. Am folgenden Morgen ging es im Tierpark richtig los. Mit der Arche waren im Vorfelde Betätigungsangebote für jede Altersstufe ausgearbeitet worden: So kümmerten sich die Jüngsten zum Beispiel um neue Farbe im Streichelzoo, während die älteren Kinder Zäune ausbesserten, Holzbänke bauten und eine Palisadenwand für das Steinzeitdorf errichteten. Bei blauem Himmel und Sonne traf man bald auf dem ganzen 40 Hektar großen Gelände werkende Pfadfinder mit Pinsel, Hammer, Säge und Bohrmaschine an. Der stellvertretende Landrat Reimer Tank, der am Nachmittag zusammen mit weiteren Besuchern aus Presse und Politik in die Arche eingeladen wurde, war beeindruckt. »Klein und Groß arbeiten und leben hier in einer gut funktionierenden Gemeinschaft zusammen«, stellte er fest. »Das ist Jugendarbeit und Integration, wie man sie sich wünscht.«

Das Pfadfinder-Leben der Anderen. Zum Abend fanden sich die Teilnehmer wieder bei den Zelten ein und nutzten die Freizeit um andere Stämme, so heißen die Ortsgruppen der Pfadfinder, bei Spielen und Singen am Lagerfeuer kennenzulernen. Denn Pfadfinder sind nicht gleich Pfadfinder! Jeder Pfadfinderbund pflegt seine eigenen Traditionen und Gewohnheiten. Manchmal schaut man sich gerne von anderen etwas Neues ab oder tauscht sich einfach über Gemeinsamkeiten und Unterschiede aus. »Es ist sehr spannend, die Traditionen der anderen Pfadfinder kennenzulernen und zu erleben, wie ein Lager mal anders sein kann«, freut sich Hannah Breckwoldt (19), die Leiterin des Stammes Anduril (Nordlicht) aus Blankenese über die Stammesbegegnung. Und es gibt einiges zu erzählen, denn es ist das erste Mal, dass die beiden Bünde gemeinsam auf ein Lager fahren. Trotz aller Unterschiede wie Größe und Tradition gibt es auch viele inhaltliche Gemeinsamkeiten, wie zum Beispiel die Jugendarbeit in Kleingruppen, die dreiwöchigen Sommerfahrten der Gruppen, die jedes Jahr quer durch Europa führen und die Faszination für das Singen am Lagerfeuer. Sowohl der BdP als auch der PBNL versuchen, alle Fahrten und Lager grundsätzlich so kostengünstig wie möglich zu gestalten, um niemanden auszuschließen. Dieses Lager kostete 20 Euro pro Person, was aber nur durch eine Förderung von mehreren Tausend Euro durch die Bingo Umweltlotterie und das EU-Projekt »Jugend in Aktion« möglich war. Darüber hinaus verfügen sowohl der BdP als auch der PBNL über Mittel und Wege, auch diesen Beitrag noch einmal um die Hälfte zu reduzieren.

Spielen & Singen. Aber zurück zum Lager: Der Samstagabend klang mit gemeinsamen Singerunden aus, die mit Gitarren- und Trommelbegleitung bis zum frühen Morgen über den ganzen Platz zu hören waren. Am Sonntagvormittag ging es für die Älteren noch ein Mal an die Baustellen im Park, während die Jüngeren auf einer Rallye die verloren gegangenen Haare der Wollschweine jagten. Bis zum Mittag waren die letzten Arbeiten erledigt, und es konnte zum Belohnungsteil übergegangen werden, den sich die Organisatoren für die fleißigen Helfer ausgedacht hatten. Zunächst stand der Punkt »Action und Chill-out« auf dem Zeitplan. Für besonderes Aufsehen sorgten vor allem das Kistenklettern und die Pfadfindervariante von Takeshi’s Castle, bei dem eine Gruppe von Herausforderern einen Parcours überwinden musste, bis sie schließlich mit Wasserpistolen und Iso-Matten gegen Takeshi’s Verteidiger antraten. Der nahe gelegene Brahmsee lud bei noch immer herrlichem Wetter zum Baden und Faulenzen ein, während in der Pinte, einem großen Gruppenzelt mit angegliederter Lagerküche, auf Teppichen und Strohballen Kaffee, Tee und Kuchen angeboten wurden.
Den krönenden Abschluss des Lagers bildete das Fest am Sonntagabend. Jeder Stamm trug etwas Selbstgekochtes zum gemeinsamen Buffet bei, das unter freiem Himmel stattfand. Nach dem Essen verwandelte sich der Lagerplatz in einen kleinen Jahrmarkt, auf dem Dosenwerfen, ein Gummibärchenorakel, ein Schubkarrenparcours, ein Frisiersalon sowie Bungee-Heringsstechen aufgestellt waren. Die größte Attraktion war aber ohne jeden Zweifel der aus Holzlatten, Seilen und Zeltbahnen selbst gebaute menschliche Kicker, in dem Pfadfinder jeden Alters in Mannschaften zu siebt gegeneinander antraten und um die Pfingstlagermeisterschaft spielten. Eine Sternpolka mit allen Teilnehmern und eine Feuer-Akrobatik-Show rundeten den Abend ab, bevor die Jüngeren schlafen gingen und die Älteren sich um die Feuer zum gemeinsamen Singen und dem Schwelgen in Fahrtenerinnerungen einfanden.

Spuren hinterlassen. Auch das schönste Lager muss irgendwann zu Ende sein. So bauten die glücklichen »Weltverbesserer« am Montagmorgen ihre Zelte ab und überließen den Park bald wieder den Tieren. »Versucht die Welt ein bisschen besser zu hinterlassen, als ihr sie vorgefunden habt.« (Sir Robert Baden Powell, 1907). Getreu dieses Mottos wird man die Spuren der Pfadfinder im Tierpark noch lange sehen.


Info:

Bund der Pfadfinderinnen und Pfadfinder, Landesverband Schleswig-Holstein / Hamburg (BdP)
Profil:
Der BdP lebt »in der Welt von heute«. Er ist eine Bewegung im Geiste von Selbsterziehung und gemeinsamen Werten. Pfadfinden hilft jungen Menschen, sich in der heutigen Welt zu orientieren, und bietet ihnen Freiräume, um sich auszuprobieren und wertvolle Erfahrungen zu sammeln. Der BdP basiert auf der freiwilligen Verpflichtung zu gemeinsamen Regeln und Selbstorganisation: »Demokratie lebt vom Mitmachen. Wir verwirklichen sie in unserer alltäglichen Jugendverbandsarbeit. Dabei sind wir parteipolitisch unabhängig, betreiben aber politische Bildung und fördern das gesellschaftliche Engagement unserer Mitglieder.«
Kontakt: Landesbüro | Am alten Markt 6 | 22926 Ahrensburg | Tel.: (04102) 17 22 | buero@remove-this.bdp-sh-hh.de
Info: www.bdp-sh-hh.de
Ansprechpartner: Marcus Schnuck

Pfadfinder und Pfadfinderinnenbund Nordlicht
Profil:
Der Pfadfinderbund Nordlicht sieht seine Aufgabe als Jugendverband in der Erziehung von Mädchen und Jungen zu selbständigen, toleranten und verantwortungsbewussten Menschen. Durch das Leben in der Gruppe sollen die Kinder lernen, den Anderen zu respektieren, hilfsbereit und kritikfähig zu sein und ihren Teil zum friedlichen Miteinander in einer Gemeinschaft beizutragen. In den Gruppen des Pfadfinderbundes Nordlicht sollen demokratische Gesinnung und Kultur gelebt werden. Die Jungen und Mädchen sollen zu selbständigem, unvoreingenommenen Denken und Handeln angeregt werden, um sich kritisch mit ihrer Umwelt und mit sich selbst auseinandersetzen zu können.
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