Landesjugendring Hamburg e.V.
Heft 2-2022, Rubrik Titelthema

Starke Familienbande trotz Corona

Interview mit Destina Ücdemir (21) von der Alevitischen Jugend Hamburg

Wie bist Du zu Deinem Verband gekommen?

Destina: Ich habe zunächst einen Beitrag über die Alevitische Jugend auf einem Social Media-Kanal gelesen und bin letztlich über Freunde dazugekommen. Sie haben mich zu einem Treffen mitgezogen. Ich habe diese Treffen dann einfach lieben gelernt.

Wie lange bist Du nun dabei?

Destina: Seit 2017, also seit fünf Jahren.

Was macht die Alevitische Jugend für Dich aus?

Destina: Ich glaube, es ist der Zusammenhalt; also vor allem zwischen den älteren Mitgliedern, die schon länger dabei sind. Zwischen den neuen natürlich auch, aber die müssen erstmal ein bisschen reinwachsen. Wir sind nicht nur ein Verein, sondern leben wie eine kleine Familie, in der alle gemeinsam aufwachsen. Das zeichnet uns aus.

Wie seid Ihr durch die Coronapandemie gekommen?

Destina: Im ersten halben Jahr war es recht schwierig: Da haben wir eigentlich gar nichts gemacht. Dann hat unser Bundesverband etwas online gemacht, und daraufhin haben wir in Hamburg nachgezogen. Wir sind auf Instagram und Facebook aktiv und sind darüber dann live gegangen. Aber natürlich war das nicht so wie ein Treffen in Präsenz. Wir haben sehr darunter gelitten, weil wir uns vorher eigentlich nur vor Ort getroffen haben. Es gab nur wenige Veranstaltungen, die wir im Laufe der Zeit dann online gemacht haben. Diese waren Seminare, weil Treffen mit Jugendlichen online schwer umsetzbar waren. Und dann, als die Pandemielage es wieder zuließ, haben wir die Chance sofort genutzt und wieder Treffen in Präsenz abgehalten.

Eure Gruppenstunden habt Ihr also nicht digital gemacht?

Destina: Nein, nur unsere Seminare. Allerdings haben wir manchmal zu Spielabenden eingeladen, auf denen Online-Spiele auf dem Programm standen. Das war aber trotzdem nicht so gut, denn viele von unseren Jugendlichen hatten dazu keine Lust, weil sie eh durch Schule oder Uni die ganze Zeit mit Zoom unterwegs gewesen sind. Dann auch noch ihre Freizeit online zu verbringen – das ist einigen zu viel gewesen.

Bei den Spieleabenden haben wir Escape Room-Spiele genutzt und »Zwei Lügen, eine Wahrheit« oder »Werwolf« gespielt. Und »Among Us« war auch sehr beliebt. Manchmal haben wir uns einfach nur so unterhalten oder Musik gemacht. Eigentlich haben wir viel Musik gemacht. Das war dann immer sehr schön, wenn einer was vorgespielt und vorgesungen hat.

Welche Themen spielten bei Euren Online-Seminaren eine Rolle?

Destina: Im Grunde wie sonst auch. Gesundheit, Politik und Religion sind die zentralen Themen. Wir beschäftigen uns auch mit Bildungsfragen – zum Beispiel wenn das Abitur ansteht. Aber das sind dann bestimmte Veranstaltungsreihen, die nicht regelmäßig stattfinden.

Trefft Ihr Euch nun wieder in gleichem Maße wie vor der Pandemie?

Destina: Jetzt sind wir wieder auf dem gleichen Stand wie vorher. Wir treffen uns alle zwei Wochen; beziehungsweise auch sonntags zu dem gemeinsamen Frühstück in der Gemeinde. Das hat sich aber erst langsam mit der Zeit so entwickelt. Lange Zeit war es noch ein bisschen unregelmäßiger. Aber jetzt läuft es wieder, und wir posten auch jeden Tag irgendwas auf Social Media.

Was postet Ihr dort?

Destina: Manchmal sind das Beiträge zu Gedenktagen oder zu politischen Themen. Wenn irgendwas für uns Interessantes gerade in der Welt passiert, dann posten wir das. Infoposts gibt es zudem, wenn Veranstaltungen anstehen. Auch teilen wir Inhalte anderer Ortsgruppen der Alevitischen Jugend. Wenn zum Beispiel in einer anderen Stadt Veranstaltungen angekündigt sind, dann posten wir das und versuchen oft auch dorthin zu gehen. Und manchmal posten wir einfach nur irgendwelche Instagramstories, wo man uns zusammen sieht. Das ist ja auch immer ganz schön.

Sind Eure Mitgliederzahlen in der Corona-Zeit zurückgegangen?

Destina: Ja, ich denke schon. Vor allem hat man gemerkt, dass die Älteren gar nicht mehr kommen, weil sie in dieser Zeit einfach rausgewachsen sind. Das ist ein sehr schade. Andererseits sind neue hinzugekommen, die älteren Leute sind durch die jüngeren ersetzt worden.

Habt Ihr das Angebot der Sozialbehörde bezüglich Schnelltests und Masken genutzt?

Destina: Ja, die Masken und Tests haben uns wirklich sehr geholfen. Bei der benötigten, großen Anzahl hätten wir es uns nicht leisten können, alle selbst zu beschaffen. Wir wären ohne diese kostenfreie Ausstattung verloren gewesen, weil wir bei unseren Treffen immer sehr vorsichtig und streng waren. Auch als es nicht mehr Pflicht war, haben wir gesagt: »Alle müssen sich testen lassen bei uns.« Wir haben die erhaltenen Schnelltests vollkommen aufgebraucht. Masken waren eher kein Problem, denn die meisten Jugendlichen kommen mit der Bahn zu unseren Treffen, und dann haben sie ja bereits eine Maske getragen. Aber es war trotzdem gut,welche zu haben, falls es mal vergessen wurde.

Habt Ihr zusätzlich Technik für digitale Treffen anschaffen müssen?

Destina: Ich muss gerade überlegen. Also das Ding ist, dass wir als junge Menschen ja eigentlich alle die Sachen haben, die wir brauchen. Die meisten von uns haben ein Handy und die meisten auch einen Laptop. Wir haben mehr Geld in andere Sachen investiert als sonst. Ansonsten haben wir noch Kameras gekauft, um bessere Videos zu produzieren. Zudem kauften wir sogar eine Polaroid-Kamera. Bei jedem Treffen machen wir jetzt immer mehrere Fotos. Und am Ende des Jahres können wir uns gemeinsam angucken, was wir alles gemacht haben. Wir haben in den letzten Jahren gemerkt, wie kostbar diese Erinnerungen sind.

(Das Interview führte Charlotte Mindorf, LJR Hamburg)