Landesjugendring Hamburg e.V.
Heft 1-2020, Rubrik Titelthema

Stichwort: Klimaneutralität

Welchen Beitrag soll Hamburg bei der Begrenzung des Anstiegs der Erderwärmung leisten?

SPD: Gemeinsam mit allen Hamburgerinnen und Hamburgern wollen wir unsere Stadt zu einer Modellstadt für Gründungen und Klimaschutz machen. Seit 2011 sind dafür die Grundsteine gelegt worden, indem wir die Verkehrswende eingeleitet, Unternehmen der Erneuerbaren Energien nach Hamburg geholt und gemeinsam mit der Industrie den Weg in eine klimafreundliche Produktion vorangebracht haben. Wir haben darüber hinaus die Ausweitung des Landstroms im Hafen, die Förderung von Gründächern und die Ausweitung von Flächen für die Windenergie auf den Weg gebracht. Seit 2012 haben wir die CO₂-Emissionen in Hamburg jedes Jahr verringert.
Wir wollen verbindliche Klimaziele, die von Politik, Gesellschaft und Unternehmen getragen werden. Wir setzen uns bewusst das erst kürzlich erhöhte ambitionierte Ziel, bis 2030 den CO₂-Ausstoß gegenüber 1990 um 55 % zu reduzieren. Und wir trauen uns zu, Hamburg bis 2050 klimaneutral zu gestalten.
Wir werden die Eckpunkte unserer Klimaschutzstrategie in einem Klimaschutzgesetz festschreiben und einen Klimabeirat einrichten.
Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist es wichtig, auf dem Weg zur Klimaneutralität die Bürgerinnen und Bürger mitzunehmen und dabei die Wirtschaftskraft und gute Arbeitsplätze in unserer Stadt zu erhalten.
Wir wollen den Umbau zu einer nachhaltigen Wirtschaft sozialverträglich gestalten, damit alle Menschen eine Chance auf gute Arbeit haben. Klimaschutz soll nicht mit Verboten beginnen und mit Bürokratie verbunden werden, sondern einen produktiven Wettbewerb um die besten Ideen fördern.
Die Reduktion von CO₂-Emissionen schreitet in vielen Bereichen bereits voran. Im Verkehr, bei der energetischen Sanierung von Gebäuden, aber auch in der Industrie liegen allerdings noch größere Schritte vor uns. Neben einer Veränderung des Verhaltens jedes Einzelnen liegt der zentrale Erfolgsfaktor für eine klimafreundliche Transformation im technologischen Fortschritt. Es nützt dem Klima insgesamt nicht, wenn moderne Betriebe aus der Stadt verdrängt und damit höhere CO₂-Belastungen an anderen Orten verursacht werden.
Gemeinsam mit den norddeutschen Ländern setzen wir auf die stärkere Nutzung der Windkraft und den Ausbau von grünem Wasserstoff. Damit schaffen wir die Voraussetzungen für eine klimafreundliche Industrie und für klimafreundliche Kraftstoffe. Zusammen mit der Volksinitiative »Tschüss Kohle« verpflichten wir uns mit einem bundesweit vorbildlichen Kohleausstiegsgesetz, den Ausstieg unserer Fernwärme aus der Kohle bis 2030 abzuschließen.
Für die Erreichung der Klimaziele muss der energetische Standard der Gebäude in Hamburg verbessert werden. Wir werden dazu die Förderprogramme des Bundes in Anspruch nehmen und mit eigenen Maßnahmen ergänzen. Als Stadt wollen wir mit gutem Beispiel vorangehen und den energetischen Standard der öffentlichen Gebäude verbessern.

Bündnis 90 / Die Grünen: Die Erderwärmung zu begrenzen ist eine der wichtigsten Aufgaben, die wir gegenüber den kommenden Generationen haben. Deshalb muss sie als Ziel auch an der höchsten möglichen Ebene verankert werden: in der Hamburger Landesverfassung. Damit aus dem Ziel konkrete Schritte folgen, brauchen wir weitere Gesetze und Pläne. Hamburg ist gerade dabei, das fortschrittlichste Klimaschutzgesetz aller Bundesländer zu beschließen. Gemeinsam mit dem vom Senat gerade beschlossenen Klimaplan legt es fest, wie Hamburg bis 2050 klimaneutral werden soll. Mit dem Klimaschutzgesetz setzen wir neue Maßstäbe. Wir haben das Strom-, Gas- und Fernwärmenetz zurück gekauft und sind dabei, die städtische Fernwärme klimafreundlich umzubauen. Anbieter von Fernwärme müssen in Zukunft außerdem Pläne vorlegen, wie sie ihre CO₂-Emissionen senken wollen. Die Verwaltung verpflichtet sich zu klimaneutralem Handeln ab 2030.
Klar sind uns aber auch zwei weitere Dinge: Erstens werden wir auch nach dem Beschluss des Klimaschutzgesetzes weiter Wege suchen müssen, um die Klimaneutralität noch deutlich früher zu erreichen. Unser Zieljahr heißt 2035. Und zweitens kann Hamburg die Welt nicht alleine retten, auch wenn wir es gerne würden. Wir werden für den Klimaschutz z. B. verstärkt auf Strom aus erneuerbaren Energien setzen müssen. Die Bundesregierung muss dafür sorgen, dass dieser auch tatsächlich zur Verfügung steht!

CDU: Um das Klimaziel für 2030 zu erreichen und die Treibhausemissionen um 55 % zu verringern, hat die CDU ein Klimaschutz-Konzept erarbeitet, in dem wir 50 Maßnahmen in verschiedenen Handlungsfeldern definiert haben. Hierunter fallen u.a. die Nutzung umweltfreundlicher und erneuerbarer Energie, der Erhalt des Stadtgrüns, der Einsatz innovativer Technologien, energetische Sanierung und Photovoltaik bei Gebäuden, eine intelligente Verkehrssteuerung sowie die Stärkung des ÖPNV, z. B. durch die MetroTramAltona, das 365-Euro-Ticket und dass Bahnen wochentags nachts durchfahren.

DIE LINKE: Klimaschutz, ausreichende Wohnraumversorgung, eine ökologische und soziale Verkehrsentwicklung, eine soziale und ökologische Entwicklung der Wirtschaftsstruktur – alles das muss integriert entwickelt werden, unter ernsthafter Beteiligung der Bevölkerung.
Klimaschutz als Teil von Umweltschutz geht nicht ohne Umweltgerechtigkeit. Wer wenig Geld zur Verfügung hat, lebt in Hamburg überwiegend in Bereichen, die wenig Grün haben. Von Belastungen durch Lärm und Luftschadstoffe sind in erster Linie diejenigen betroffen, die sich kein Häuschen im Grünen leisten können und keine Möglichkeit haben, sich den Umweltbelastungen zu entziehen. Deshalb fordern wir mehr Grünflächen in besonders belasteten Stadtteilen. Aufwertung von Grünflächen in Hamburg als Ersatz für den Wegfall anderer Flächen hilft den Menschen in den betroffenen Quartieren nicht weiter. Ziel muss ›Netto Null‹ sein: kein weiterer Verlust an unversiegelter Fläche in Hamburg. Statt immer mehr zu versiegeln, muss eine Entsiegelungsoffensive gestartet werden. Fangen wir mit dem ruhenden Verkehr an! Nehmen wir nicht länger hin, dass wertvolle städtische Flächen für die überdimensionierten Luxusbaracken der großen Supermärkte, umgeben von mindestens sportplatzgroßen Parkflächen, missbraucht werden. Parkplätze unter die Erde, mehrstöckige Nutzung der Gebäudeflächen und Nutzung der gewonnenen Flächen für öffentliches Grün: Parkplätze zu Parks! Auch kleinste Flächen, z. B. auf öffentlichen Plätzen, Parkplätzen oder in Höfen, sollten begrünt oder zumindest entsiegelt werden. Projekte des Urban Gardenings sind zu fördern. In den Bezirksämtern setzt DIE LINKE sich für einen Aus- und Umbau der Grünabteilungen ein. An der Begrünung der Stadt sollen auch die Quartiers- und Stadtteilbeiräte mitwirken.
Geeignete Dachflächen sollen für solarthermische Anlagen genutzt werden, die der Warmwasserbereitung und der Heizungsunterstützung dienen. Dadurch nicht genutzte Dachflächen sollen für Photovoltaik genutzt werden, wenn dies möglich ist. Gebäude der Stadt Hamburg und ihrer Unternehmen sollen vorbildlich energetisch saniert und großflächige, geeignete Dachflächen für solarthermische und Photovoltaik-Anlagen genutzt werden.
Der rasche Ausstieg aus der Kohle mit möglichst geringem Einsatz von fossilem Erdgas ist zwingend geboten und soll bis 2026 erfolgen. Eine Einfuhr von äußerst klimaschädlichem Fracking-Erdgas aus den USA muss verhindert werden.
Der Verkehr ist ein gesellschaftlich organisiertes System, das grundlegend umgebaut werden muss. Der öffentliche Personennahverkehr sollte rasch ausgebaut und die Preise gesenkt werden, damit viele Menschen das Auto stehen lassen können. Die LINKE will den Verkehr in der Stadt nach dem Vorbild von Kopenhagen radikal umbauen. Dort wird nicht mehr dem Autoverkehr, sondern Fuß, Rad, Bus und Bahn der Vorrang gegeben. Perspektivisch treten wir für eine autofreie Innenstadt bei kostenfreiem ÖPNV ein.
Flugverkehr will DIE LINKE radikal zurückdrängen. Flüge unter 600 km Entfernung soll es gar nicht mehr geben. Es muss ein striktes Nachtflugverbot am Hamburger Flughafen zwischen 22 und sechs Uhr eingehalten werden.

FDP: Wir Freie Demokraten stehen zu den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens von 2015 und richten unser Handeln danach aus. Der Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Für uns Liberale steht nicht zur Debatte, ob ein wirksamer Klimaschutz stattfinden muss. Vielmehr wollen wir ihn ambitioniert und lösungsorientiert angehen. Unser Ziel ist es, Umweltbelastungen spürbar zu senken und zugleich die Lebensqualität der Menschen in unserer Stadt zu verbessern, insbesondere auch, um den nachfolgenden Generationen eine in jeder Hinsicht lebenswerte Stadt zu hinterlassen. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass Maßnahmen zum Klimaschutz die Akzeptanz der Bürger voraussetzen. Hierbei stellen wir uns optimistisch und mit aller Entschiedenheit jedwedem Versuch der Instrumentalisierung über Schreckensszenarien oder dem Schüren von Ängsten entgegen. Wir wollen unbedingt eine Spaltung der Gesellschaft bei diesem Thema verhindern. Dabei konzentrieren wir uns auf Maßnahmen, die nachweisbare Effekte für die Umwelt haben und bei denen Kosten und Wirkung in einem vernünftigen Verhältnis zueinanderstehen.
Überzogene Klimaschutzmaßnahmen mit gravierenden sozialen Folgen müssen wir für die Hamburger Bürger durch höchst effiziente Klimaschutzmaßnahmen vermeiden.
Hamburgs Beitrag zum weltweiten CO₂-Ausstoß ist überschaubar. Wenn wir einen tatsächlich messbaren Effekt für die Verbesserung des Klimas erreichen wollen, wird dies nicht über Verbote und Einschränkungen gelingen. Hamburg bietet mit seiner ausdifferenzierten Forschungslandschaft und dem Exzellenzcluster CliSAP (»Integrated Climate System Analysis and Prediction«) hervorragende Bedingungen für die Erforschung neuer Technologien und Möglichkeiten, dem Klimawandel überall auf der Welt entgegenzuwirken. An dieser Stelle müssen wir massiv investieren. Hierzu gehört auch die Förderung der Erforschung und praktischen Anwendung von Wasserstoff aus regenerativen Energien.
Auch der Hamburger Hafen muss sich aufgrund seiner Lage im Herzen einer Millionenmetropole in besonderer Weise den Herausforderungen von Umwelt – und Klimaschutz stellen. Das bedeutet insbesondere eine Optimierung des Angebots von Landstromanlagen und bessere internationale Koordinierung hierbei sowie den Einsatz von LNG – gestützten Energieversorgungslösungen für am Kai liegende Schiffe. Neue Monopole der Versorgung sind dabei zu vermeiden. Innovationen made in Hamburg – wie die Hummel und das PowerPack – müssen von der Politik zukünftig unterstützt und nicht behindert werden.