Landesjugendring Hamburg e.V.
Heft 4-2016, Rubrik Kommentar

Jugendverbände und das große schwarze Loch ;-)

Von Daniel Knoblich, LJR-Vorsitzender

Sprung ins kalte Wasser. Als ich im März 2004 zusammen mit vier weiteren Greenhorns in den Vorstand der Sportjugend Göttingen gewählt wurde, stellte sich kurz nach der Wahl ein wenig Ernüchterung ein. Da wir alle neu gewählt worden waren, wusste eigentlich niemand, welche Möglichkeiten und Aufgaben unser neues Amt mit sich brachte. Die »alten Hasen« waren nach ihrem Studium aus dem Amt ausgeschieden und verzogen. Nun war guter Rat teuer. Ohne die Unterstützung eines hauptamtlichen Mitarbeiters in der Geschäftsstelle wären wir sicherlich erstmal aufgeschmissen gewesen. Doch was passiert, wenn man nicht so viel Glück hat wie wir damals? Was ist, wenn niemand mehr greifbar ist, und der eigene Jugendverband kein hauptamtliches Personal beschäftigt?
Also: Was ist ein Jugendverband? Wie funktioniert sowas? Woran ist zu denken? Für Greenhorns – selbst für an der Basis Aktive – ist die Leitung eines Verbandes erst einmal unbekanntes Terrain. Ein großes schwarzes Loch.

Freiraum. Genau dieses »große schwarze Loch« füllen junge Menschen in Jugendverbänden zunächst durch ihre Ideen und ihr Engagement mit Leben. Sie formulieren gemeinschaftlich Ziele und widmen sich anschließend deren Erfüllung. Aus der Kreativität junger Menschen entstand die heutige Vielfalt der Jugendverbände. Sie bilden einen Freiraum jenseits von Schule, Ausbildung, Uni oder Betrieb, in dem Jugendliche sich selbst Zwecke setzen können, Verantwortung übernehmen und sich miteinander – ohne den sonst üblichen Leistungsdruck – ausprobieren können. Der Staat erachtet den Schutz dieses Freiraums, in dem Jugendliche ihre Interessen und Ideen verwirklichen können, für so wertvoll, dass seine Förderung gesetzlich verankert hat. Doch diese Förderung der Jugendverbände ist natürlich an gesetzlich verankerte Regeln gebunden. So müssen Anträge gestellt und Maßnahmen abgerechnet werden. Für Greenhorns in der Leitung eines Jugendverbandes beginnen dort die Probleme und neuen Herausforderungen.

Darüber hinaus. Jugendverbände erfüllen zudem wichtige sozialpolitische Aufgaben. Neben Kinderschutz, Integration von Menschen mit Migrationshintergrund sowie von Geflüchteten und Inklusion fördern Jugendverbände das freiwillige Engagement: Sie unterstützen die Persönlichkeitsentwicklung von jungen Menschen und vermitteln non-formal demokratische Prozesse, Partizipation und Sozialkompetenz. Dies erkennt der Gesetzgeber an und verankerte die Förderung der Jugendverbände in den Paragraphen 11 & 12 des Achten Sozialgesetzbuches. Jugendverbände sind somit beständige Kräfte in der Zivilgesellschaft der Bundesrepublik Deutschland. Wo sonst traditionelle zivilgesellschaftliche Organisationen Probleme haben, ihren Fortbestand zu sichern, entwickeln sich Jugendverbände positiv. Das pädagogische Konzept der Jugendverbandsarbeit scheint auch in Zeiten von Facebook, WhatsApp und Instagram kein Auslaufmodell zu sein.

Hilfen zum Selbermachen. Nichts ist beständiger in einem Jugendverband als der Wandel. Die Älteren scheiden aus und übergeben den Stab an Jüngere. Alle paar Jahre häutet sich so ein Jugendverband. Das stellt die Selbstorganisation vor große Herausforderungen. Greenhorns in der Leitung eines Verbandes müssen in ihre Aufgaben hineinwachsen können und brauchen dazu Hilfen. Ebenso ist Orientierung gefragt, wenn junge Menschen vor der Gründung eines neuen Jugendverbandes stehen. Diese punktum-Ausgabe möchte dazu die wichtigsten Antworten – mit Blick auf den gesetzlichen Rahmen und die Fördergrundlagen – geben. Was also ist zu beachten, wenn es heißt: Wie klappt Jugendverband?