Landesjugendring Hamburg e.V.
Heft 4-2014, Rubrik Titelthema

Zur aktuellen Ausgabe


punktum erscheint anlässlich der Bürgerschaftswahl am 15. Februar 2015 mit dieser Sonderausgabe. Es ist keine normale Ausgabe, die üblichen Rubriken fehlen. Und anders als in vorangegangenen Heften zu einer Wahl werden auch keine politischen Standpunkte der Parteien zu Jugendthemen beleuchtet oder jugendpolitische Wahlprüfsteine aufgestellt. Diese punktum-Ausgabe widmet sich – mit der Ausnahme von FAQs zur Bürgerschaftswahl – einzig dem Thema Rechtspopulismus.

Warum? Noch haben sich rechtspopulistische Strömungen – wie die Pegida (»Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes«) in Dresden – nicht öffentlich in Hamburg breit gemacht. Laut der aktuellen Studie »Zusammenleben in Hamburg« (erstellt vom Projektbüro Angewandte Sozialforschung an der Uni Hamburg – im Auftrag der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration) begrüßen 94 Prozent der Bewohner es vielmehr, wenn in ihrem Stadtteil Menschen unterschiedlicher Herkunft zusammenleben. Zudem sind 90 Prozent der Befragten der Ansicht, dass Deutsche und Zuwanderer in ihrem Stadtteil gut miteinander auskommen. »Die Umfrage zeigt deutlich«, so Senator Detlef Scheele, »dass Hamburg eine Stadt ist, in der Menschen aller Kulturen willkommen sind. Sie macht zugleich deutlich, an welchen Stellen wir gemeinsam noch etwas tun können, denn Rassismus und Vorbehalte sind nach wie vor in Teilen der Gesellschaft verankert.« Diese  Sorge ist berechtigt. Denn laut einer anderen, bundesweit repräsentativen Umfrage in der Zeitschrift »Der Spiegel« fühlt sich die deutsche Bevölkerung »in Sachen Flüchtlingspolitik und Zuwanderung übergangen«: 65 Prozent sagen, »die Regierungsparteien der Großen Koalition gingen nicht ausreichend auf ihre Sorgen zu diesem Thema ein. Nur 28 Prozent sehen kein solches Defizit.« Das Potential für rechtspopulistische Strömungen, die für ein diffuses Unbehagen in der Bevölkerung die Sündenböcke Migranten und eine scheinbare Islamisierung der Gesellschaft anbieten, ist also vorhanden. Die sprunghaft angestiegene Zahl der Teilnehmer bei den Pegida-Demonstrationen in Dresden zeigt dies. Ob auch in Hamburg vor der Bürgerschaftswahl 2015 noch ein solcher Funke rechtspopulistischer Proteste zünden könnte, ist offen. Die NPD unternahm Mitte Dezember 2014 den Versuch, aus Anlass geplanter Unterkünfte für Flüchtlinge in Bergedorf zu Protesten zu mobilisieren und scheiterte kläglich: Zu ihrer Demonstration kamen 19 Teilnehmer, die Gegenkundgebung verzeichnete rund 450. Ein bemerkenswerter Misserfolg für die NPD. Der rechtsextremen Partei misslingt in Hamburg, was in anderen Städten Deutschlands rechtspopulistische Strömungen schaffen. Offener Rechtsextremismus scheint in Hamburg nicht tauglich, um massenhaft Menschen zu mobilisieren. Ob dies einer im Auftreten gemäßigteren rechtspopulistischen Strömung oder Partei gelingen könnte, steht als Probe auf's Exempel noch aus.

Damit ein solches Unterfangen scheitert und auch die rechtspopulistischen Argumentationen der AfD keinen Erflog haben, ist Aufklärung über die Muster rechter Propaganda ein probates Mittel. punktum will mit diesem Heft dazu einen Beitrag leisten. Eine Reihe typisch rechtspopulistischer Agitationsfiguren haben die Autoren Mathias Birsens (mb) und Jürgen Garbers (jg) kritisch durchleuchtet. Ergänzend dazu stehen kurze Abhandlungen über Populismus in den Medien: Denn die Vereinfachung von politischen Zusammenhängen oder deren Dramatisierung, die nicht allein in der Boulevardpresse anzutreffen sind, zielen auf die Verdummung von Menschen, welche den Rechtspopulisten in die Hände spielt. (jg)